Rz. 14

Es ist natürlich auch denkbar, dass die Erben zunächst noch ermittelt werden müssen. Mitunter ist diese Aufgabe aufwendig, weil die Familienverhältnisse nicht bekannt oder – gerade bei familienexternen Testamentsvollstreckern – schwer aufzuklären sind. Die Nachwirkungen der Kriegszeiten der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in Europa bedingen weitere Schwierigkeiten. Selbst bei bekannten Familienverhältnissen ist es aufgrund der Uneinheitlichkeit der Stammbücher in Europa, der oftmals zu beobachtenden fehlenden Bereitschaft ausländischer Behörden zur Kommunikation mit Testamentsvollstreckern, aber auch schlicht nur wegen fehlender Sprachkenntnisse für den Testamentsvollstrecker oftmals sehr schwierig, die Erbrechtsfolge zweifelsfrei festzustellen. Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers, den wahren Erben zu ermitteln,[13] ist dadurch noch deutlicher in den Fokus gerückt. Mittlerweile hat das Phänomen der unbekannten Erben eine Dimension angenommen, die sogar zu einer kleinen Anfrage im Deutschen Bundestag geführt hat.[14]

 

Rz. 15

Abhilfe versprechen Erbenermittler. Dieser Berufsstand hat sich mittlerweile in Deutschland etabliert.[15] Sie bilden damit – zusammen mit dem Testamentsvollstrecker – ein wichtiges Korrektiv zu dem in Deutschland schwach ausgeprägten System der staatlichen Nachlassfürsorge.

Üblicherweise wird als Honorar ein bestimmter Prozentsatz vom Nachlasswert verlangt, wobei Sätze von 20–40 % anzutreffen sind.[16] In der Rechtsprechung wird ein Honorar in Höhe von 10–30 % des Erbes als angemessen angesehen.[17] Gegen eine an einem Prozentsatz des Nachlasses orientierten Vergütung ist einzuwenden, dass eine solche Vereinbarung bei großen Erbschaften zu vergleichsweise hohen Honoraren führen kann. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der für den Ermittler entstehende Aufwand naturgemäß großen Schwankungen unterliegt, wobei ein erheblicher Teil zu einem Zeitpunkt geleistet wird, in dem der Abschluss eines Honorarvertrags ungewiss ist. Zudem hat der Ermittler keinen Einfluss auf die Höhe der Erbschaft, anfangs oftmals wohl auch keine genaue Kenntnis. Die Vereinbarung eines anteilig bemessenen Erfolgshonorars ist daher generell nicht unsachgerecht.[18]

 

Rz. 16

Die Vereinbarung von Stundenhonoraren mit den drei großen Erbenermittlern in Deutschland[19] im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen ist aber durchaus möglich[20] und erscheint aufgrund der besseren Nachvollziehbarkeit für die Erben auch sachgerechter und damit im Ergebnis auch fairer, als eine vom Aufwand losgelöste Vergütung, die bei dem Erben den Eindruck vermittelt, er müsse mit seinem Honorar andere, für den Erbenermittler weniger ertragreiche Tätigkeiten mitbezahlen.

 

Rz. 17

Auf der Vergütungsebene sollte der Testamentsvollstrecker verschiedene Angebote einholen. Auch erscheint es durchaus denkbar, mit dem Erbenermittler Honorare zu vereinbaren, die unter den oben genannten Sätzen liegen. Einen wirklichen Preiswettbewerb scheint es derzeit in Deutschland allerdings nicht zu geben.[21]

 

Rz. 18

Vorsicht ist geboten bei Angeboten, die mit einer unter marktüblichen Vergütung locken, aber die oftmals unkalkulierbare Aufwendungen separat abrechnen. Schon um späteren Streit über die Erstattungsfähigkeit der Auslagen zu vermeiden, den der Testamentsvollstrecker mit dem Ermittler und letztendlich auch den Erben zu führen hätte, ist der Testamentsvollstrecker gut beraten, einen Erbenermittlungsantrag in der Form abzuschließen, dass die Auslagen insgesamt inkludiert sind.

 

Rz. 19

Sollen ausländische Erbenermittler eingeschaltet werden, so ist bei der Vereinbarung der Vergütung zu berücksichtigen, dass diese aufgrund des teilweise vom deutschen Recht sehr abweichenden Systems der Nachlassverwaltung bei der Beauftragung durch eigene Landsleute mit deutlich niedrigeren Sätzen kalkulieren, bei der Beauftragung durch deutsche Testamentsvollstrecker aber gerne die in Deutschland üblichen Sätze veranschlagen.[22]

 

Rz. 20

Von Rechtsprechung und Literatur ist, soweit ersichtlich, die Frage noch nicht behandelt worden, unter welchen Voraussetzungen es sachgerechter Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker entspricht, einen Erbenermittler einzuschalten. Sicherlich wird es Erben widerstreben, wenn sie die Hälfte des Nachlasses an Erbenermittler und Testamentsvollstrecker abführen müssen. Schon um sich hier nicht Schadensersatzansprüchen auszusetzen, wird der Testamentsvollstrecker gut beraten sein, einen Erbenermittler erst dann einzuschalten, wenn er zuvor selbst die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen[23] zur Ermittlung erfolglos unternommen hat. Dies dürfte jedenfalls für die Ermittlung der gesetzlichen Erben der dritten Ordnung gelten.[24]

Bei Ermittlungen im Ausland sowie bei Sachverhalten der Auswanderung oder Flucht wird hingegen davon ausgegangen werden dürfen, dass die Beauftragung eines Erbenermittlers in aller Regel sachgerecht sein dürfte.[25]

 

Rz. 21

Hinsichtlich der Auswahl des Erbenermittlers gelten die allgemeinen Grundsätze ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge