Rz. 27

Der rechtliche Ausgangspunkt ist wiederum die Antwort darauf, was der Testamentsvollstrecker herausgeben muss, und ob es sich dabei sozialhilferechtlich um Einkommen oder Vermögen handelt. Handelt es sich um Vermögen, gilt § 90 SGB XII. Dieser setzt voraus, dass das Vermögen tatsächlich und rechtlich verwertbar ist. Verfügungshindernisse, wie sie in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht bestehen können, sind also zu beachten.

Die normativen "Schutzringe" des Behindertentestaments – nicht befreite Vorerbschaft – Nacherbschaft (oder Vorvermächtnis/Nachvermächtnis) – Dauertestamentsvollstreckung – Verwaltungsanordnungen nach § 2216 Abs. 2 BGB – greifen hier, sofern die Verwaltungsanordnungen des Erblassers entsprechend ausgestaltet sind[25] oder ausgelegt werden können.[26] Daher ist durch Auslegung der an den Testamentsvollstrecker adressierten Verwaltungsanordnungen zu ermitteln, ob der Erblasser auch Vergütungsansprüche des Betreuers ausschließen wollte.[27] "Stehen die im Testament getroffenen Verwaltungsanordnungen an den Testamentsvollstrecker einer Entnahme der Betreuervergütung aus dem Nachlass entgegen, ist der Erbe mittellos i.S.d. §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 d Nr. 1 BGB und der Betreuer kann seine Vergütung nur aus der Staatskasse verlangen."[28]

 

Rz. 28

Für die notwendige Feststellung des Erblasserwillens gelten die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 2084 BGB. Der wirkliche Wille des Erblassers ist zu ermitteln und es ist nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Eine tatrichterliche Auslegung, dass die Betreuung keine besondere Vergünstigung für den Betroffenen ist, sondern eher der staatlichen Grundsicherung zuzurechnen ist, ist nach der Rechtsprechung durchaus möglich. Diese Auffassung wird damit begründet, "dass die Einrichtung der Betreuung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine staatliche Pflicht im Rahmen des Erwachsenenschutzes ist. Diese Pflicht besteht gegenüber jedermann unabhängig von dessen Vermögensverhältnissen und stellt somit keine besondere Vergünstigung für die Betroffene, sondern …. eher deren Grundversorgung dar."[29]

Aber auch das Gegenteil ist je nach Sachverhalt ist möglich. Der BGH hat dazu in einem konkreten Fall ausgeführt:

"Die Betroffene hat als Erbin einen durchsetzbaren Anspruch darauf, dass der Testamentsvollstrecker die vom Erblasser getroffenen Verwaltungsanordnungen i.S.d. § 2216 Abs. 2 BGB umsetzt. Dieser Anspruch, der sich vorliegend auf die Freigabe der zu entrichtenden Betreuervergütung richtet, gehört zum Vermögen der Betroffenen i.S.v. § 90 SGB XII…… Wenn das Beschwerdegericht den Erblasserwillen in diesem Kontext dahin auslegt, dass die Vergütung für den Ergänzungsbetreuer aus dem Nachlass zu bestreiten sein solle, ist diese Auslegung jedenfalls vertretbar und von Rechts wegen nicht zu beanstanden."[30]

 

Rz. 29

Zuletzt hat der BGH zur Bedeutung der Verwaltungsanordnungen im Betreuungsrecht entschieden:

Ein Behindertentestament ist nicht alleine deshalb sittenwidrig, weil in der letztwilligen Verfügung konkrete Verwaltungsanweisungen an den Testamentsvollstrecker fehlen, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang und zu welchen Zwecken der Betroffene Vorteile aus dem Nachlass erhalten soll.
Der Testamentsvollstrecker ist grundsätzlich befugt, Erträge zu thesaurieren. Nutzungen sind jedoch herauszugeben, soweit dies zur Bestreitung des angemessenen Unterhalts des Erben sowie zu Begleichung fälliger Steuerschulden erforderlich ist.[31]
 

Hinweis

Das Behindertentestament sollte zur Freigabe von Erbschaftsmitteln für Betreuungs- und Betreuerkosten eine ausdrückliche Verwaltungsanordnung enthalten.

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