Rz. 261

Der Testamentsvollstrecker hat unverzüglich nach Annahme des Amtes dem Erben, also dem Minderjährigen, vertreten durch den gesetzlichen Vertreter, ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der bekannten Nachlassverbindlichkeiten mitzuteilen (§ 2215 Abs. 1 BGB).

Da die Verwaltung des Nachlasses gemäß § 2205 BGB beim Testamentsvollstrecker liegt, also nicht bei den Eltern des Minderjährigen, haben diese auch mangels eines eigenen Verwaltungsrechts hinsichtlich des Kindsvermögens nicht die Pflicht, ein Vermögensverzeichnis gemäß § 1640 BGB (siehe Rdn 156 ff.) dem Familiengericht auszuhändigen.[1]

 

Rz. 262

Wenn die Testamentsvollstreckung zu Zeiten der Minderjährigkeit des Erben endet, was sie in der Regel mit der Auseinandersetzung des Nachlasses (§ 2204 BGB) tut, so geht das dem Kind zugeteilte Vermögen in die Verwaltung von dessen gesetzlichen Vertreter über. In diesem Zeitpunkt sind die Voraussetzungen des § 1640 BGB erfüllt: Die Eltern haben nunmehr ein Verzeichnis über das ererbte Kindesvermögen dem Familiengericht einzureichen.

 

Rz. 263

Handelt es sich um eine Verwaltungsvollstreckung i.S.d. § 2209 BGB und endet diese zur Zeit der Minderjährigkeit des Erben, dann ist in diesem Zeitpunkt ein Verzeichnis gem. § 1640 BGB von den Eltern dem Familiengericht einzureichen. Wenn der Nachlass auseinandergesetzt ist und die Testamentsvollstreckung sich an den Vermögensgegenständen fortsetzt, die dem Minderjährigen zugeteilt wurden, dann hat der gesetzliche Vertreter dem Familiengericht kein Vermögensverzeichnis einzureichen, denn er verwaltet ja dieses Vermögen nicht.

 

Rz. 264

Zuweilen beruft ein Elternteil als Erblasser den überlebenden Elternteil zum Testamentsvollstrecker über das den gemeinsamen Kindern nachgelassene Vermögen. Dieser Umstand löst die Pflicht nach § 2215 BGB aus, als Testamentsvollstrecker ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände zu fertigen und dies auch den minderjährigen Erben, diese vertreten durch ihren gesetzlichen Vertreter (also sich selbst), mitzuteilen.[2] Die allgemeine Meinung verpflichtet den Elternteil, obgleich er das Verzeichnis als Testamentsvollstrecker und nicht als gesetzlicher Vertreter erstellt, dieses gemäß § 1640 BGB dem Familiengericht mitzuteilen. Die Begründung für diese inkonsequente Schlechterstellung (der Testamentsvollstrecker muss als solcher dem Familiengericht nichts mitteilen) liegt darin, dass anderenfalls jede Kontrolle über den Bestand des ererbten Kindesvermögens fehle,[3] weil der Elternteil kein Verzeichnis erstelle.

 

Rz. 265

Die Rechtsansicht war weithin der Auffassung, in diesem Falle müsse ein Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) mit dem Aufgabenbereich "Entgegennahme des Nachlassverzeichnisses seitens des überlebenden Elternteils als Testamentsvollstrecker, Überprüfung des Nachlassverzeichnisses auf Richtigkeit und Vollständigkeit und zur Weiterleitung desselben an das Familiengericht" bestellt werden.[4] Begründet wurde diese Ansicht mit dem Verbot des In-Sich-Geschäftes nach § 181 BGB; der Elternteil könne als Testamentsvollstrecker das Verzeichnis erstellen, könne es sich selbst aber nicht erteilen und als gesetzlicher Vertreter es selbst entgegennehmen.

 

Rz. 266

Dieser Ansicht wird heute überwiegend nicht mehr gefolgt: Die Entgegennahme des Nachlassverzeichnisses wird zwar als geschäftsähnliche Handlung angesehen (vgl. Rdn 276),[5] auf die dann wiederum die Regeln für Rechtsgeschäfte einschließlich § 181 BGB anwendbar sind.[6] Dem ist aber entgegenzuhalten: § 181 BGB gestattet ein In-Sich-Geschäft, das der Erfüllung einer Verbindlichkeit dient. Hier wird der gesetzlichen Pflicht zur Aushändigung eines Nachlassverzeichnisses entsprochen. Ferner gilt: Die Überprüfung des Nachlassverzeichnisses ist kein Rechtsgeschäft, so dass § 181 BGB auch insoweit unanwendbar ist. Deshalb scheidet insoweit die Bestellung eines Ergänzungspflegers aus.

 

Rz. 267

Es wurde deshalb auch erwogen, dem gesetzlichen Vertreter gem. § 1667 BGB die Vermögenssorge insoweit zu entziehen, als es um die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit des übermittelten Nachlassverzeichnisses geht.[7] Dem kann aber nicht zugestimmt werden, weil es an einer Pflichtverletzung mit der Folge der Vermögensgefährdung seitens des Elternteils fehlt.

Nach hiesiger Ansicht übersendet der Elternteil, der als Testamentsvollstrecker das Nachlassverzeichnis gemäß § 2215 BGB zu fertigen hat, dasselbe als Elternteil gemäß § 1640 BGB dem Familiengericht. Einer Pflegerbestellung bedarf es nicht.[8] Dies Ergebnis liegt durchaus auf der Linie, die der BGH mit seiner Entscheidung vom 5.3.2008[9] vorgegeben hat.

[1] KG RJA 17, 34, 35; Erman/Doll, BGB, 15. Aufl., § 1640 Rn 3; Staudinger/Heilmann, BGB, 2016, § 1640 Rn 5.
[2] § 181 BGB steht dem nicht entgegen, weil es sich bei der Mitteilung um keine Willenserklärung handelt; siehe Rdn 265.
[3] KG JFG 11, 48 = JW 1934, 1293.
[4] Vgl. Möhring, DFG 1940, 83, 85; Haegele, Rpfleger 1963, 330, 332; Soergel/Damrau, BGB, 13. Aufl., § 2215 Rn 7.
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