Rz. 324

BGH, Urt. v. 10.7.2007 – VI ZR 199/06, zfs 2007, 678 = VersR 2007, 1387

Zitat

BGB §§ 254, 823; StVG §§ 9, 17

Ein Leasinggeber, der Eigentümer aber nicht Halter des Leasing-Kraftfahrzeugs ist, muss sich im Rahmen der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 823 BGB wegen Verletzung seines Eigentums am Leasingfahrzeug bei einem Verkehrsunfall weder ein Mitverschulden des Leasingnehmers, noch des Fahrers des Leasingfahrzeugs, noch dessen Betriebsgefahr anspruchsmindernd zurechnen lassen.

a) Der Fall

 

Rz. 325

Die Klägerin nahm nach einem Verkehrsunfall als Leasinggeberin und Eigentümerin des geschädigten Leasingfahrzeugs die Beklagte zu 1 als Fahrerin des gegnerischen Fahrzeugs und die Beklagte zu 2 als deren Haftpflichtversicherer aus unerlaubter Handlung auf Ersatz ihres gesamten Schadens in Anspruch. Die Beklagten haben die Forderung zu 50 % beglichen und eingewandt, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden der Leasingnehmerin bzw. von deren Fahrer anrechnen lassen.

 

Rz. 326

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebten die Beklagten weiter die Klageabweisung.

b) Die rechtliche Beurteilung

 

Rz. 327

Das Urteil hielt den Angriffen der Revision stand. Der Klägerin war ein etwaiges Mitverschulden des Fahrers des Leasingfahrzeugs oder dessen Betriebsgefahr unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuzurechnen.

Für eine Abwägung nach § 17 Abs. 2 StVG war vorliegend kein Raum, da die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalles nicht Halterin des Leasingfahrzeugs gewesen war.

 

Rz. 328

Halter eines Kraftfahrzeugs ist, wer es für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Entscheidend ist dabei nicht das Rechtsverhältnis am Kraftfahrzeug, insbesondere nicht die Frage, wer dessen Eigentümer ist; vielmehr ist maßgebend eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, bei der es vor allem auf die Intensität der tatsächlichen, in erster Linie wirtschaftlichen Beziehung zum Betrieb des Kraftfahrzeugs im Einzelfall ankommt. Wer danach tatsächlich und wirtschaftlich der eigentlich Verantwortliche für den Einsatz des Kraftfahrzeugs im Verkehr ist, schafft die vom Fahrzeug ausgehenden Gefahren, für die der Halter nach den strengen Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes einstehen soll. Halter eines Leasingfahrzeugs ist demnach bei üblicher Vertragsgestaltung – von deren Vorliegen hier auszugehen war – nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats der Leasingnehmer, nicht jedoch der Leasinggeber, auch wenn diesem das Eigentum verbleibt (Senatsurt. BGHZ 87, 133, 136 und v. 26.11.1985 – VI ZR 149/84, VersR 1986, 169).

 

Rz. 329

Der erkennende Senat hat aus diesem Grund bereits in seinem Urt. v. 30.3.1965 – VI ZR 257/63 – (VersR 1965, 523) ausgesprochen, dass § 17 StVG nur dann Anwendung findet, wenn auch der Geschädigte nach den Bestimmungen des StVG haftet, und eine Erstreckung auf den nicht haltenden (dort: Sicherungs-) Eigentümer des Kraftfahrzeugs abgelehnt. Daran hielt der Senat auch nach den Änderungen in § 17 Abs. 3 S. 3 StVG durch das 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 (BGBl I S. 2674) fest. Zwar gilt nach § 17 Abs. 3 S. 3 StVG der Ausschluss der Ersatzpflicht für ein unabwendbares Ereignis auch gegenüber einem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist. Dies wurde in der Literatur teilweise zum Anlass genommen, eine entsprechende Anwendung der Regelungen von § 17 Abs. 1 und 2 StVG auf den nicht haltenden Eigentümer zu fordern. Doch lassen die Gesetzesmaterialien zu dieser Änderung erkennen, dass dem Gesetzgeber die Möglichkeit des Auseinanderfallens von Halter- und Eigentümerstellung gerade beim Leasing durchaus bewusst war, jedoch eine Gleichstellung der Haftung nur für den Fall des unabwendbaren Ereignisses erfolgen sollte, um auf diese Weise den "Idealfahrer" davor zu bewahren, vom "Eigentümer des anderen Unfallfahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, ohne sich davon befreien zu können" (BT-Drucks 14/8780, S. 22 f.). Mithin war eine durchgehende Gleichstellung von Eigentümer und Halter im Rahmen des § 17 StVG nicht beabsichtigt. Bei dieser Sachlage ist es nicht gerechtfertigt, gegen den eindeutigen Gesetzeswortlaut die auf den Fall des unabwendbaren Ereignisses beschränkte Haftungsgleichstellung von Eigentümer und Halter auf die von § 17 Abs. 1 und 2 StVG erfassten Fälle zu übertragen.

 

Rz. 330

Die vor der Gesetzesänderung vertretene Auffassung, in § 17 Abs. 1 und 2 BGB sei "bei verständigem Lesen" der nicht haltende Eigentümer miteinzubeziehen, da der historische Gesetzgeber des StVG 1909 stillschweigend vom Regelfall, dass der Halter auch Eigentümer des Fahrzeugs sei, ausgegangen sei, ist jedenfalls angesichts der deutlichen Unterscheidung zwischen Eigentümer und Halter in § 17 Abs. 3 StVG nicht haltbar. Ohnehin begegnete jene Auffassung angesichts der Tatsache, dass sich der historische Gesetzgeber bewusst für eine Anknüpfung der Haftung ...

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