Rz. 312

BGH, Urt. v. 7.12.2010 – VI ZR 288/09, zfs 2011, 196 = VersR 2011, 365

Zitat

StVG § 7 Abs. 1

Der Leasinggeber und Eigentümer des Kraftfahrzeugs hat gegen den Leasingnehmer und Halter des Kraftfahrzeugs bei einer Beschädigung dieses Fahrzeugs keinen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG.

a) Der Fall

 

Rz. 313

Die Parteien stritten um gesamtschuldnerische Ausgleichsansprüche nach einem Verkehrsunfall.

Die Beklagte zu 2 (zukünftig: Beklagte) war Halterin eines von ihr geleasten Fahrzeugs, das am 29.7.2006 bei einem Unfall beschädigt wurde. An dem Unfall waren das bei der Klägerin haftpflichtversicherte Fahrzeug einerseits sowie andererseits das vom früheren Beklagten zu 1 geführte, auf Namen der Beklagten gehaltene und im Eigentum der Leasinggeberin stehende Fahrzeug beteiligt. Die Unfallursache konnte im Verfahren nicht geklärt werden.

 

Rz. 314

Die Klägerin hatte die Schadensersatzansprüche der Leasinggeberin vollständig reguliert und begehrte von den Beklagten den Gesamtschuldnerausgleich in Höhe von 50 % der regulierten Kosten.

b) Die rechtliche Beurteilung

 

Rz. 315

Nach Auffassung des Berufungsgerichts stand der Klägerin vor dem erledigenden Ereignis gemäß § 426 Abs. 1 BGB auch gegenüber der Beklagten der geltend gemachte Gesamtschuldnerausgleich in Höhe von 50 % des gegenüber der Leasinggeberin vollständig regulierten Schadens zu. Das Amtsgericht habe den früheren Beklagten zu 1 nach § 18 StVG unter Zugrundelegung der gleich hoch eingeschätzten Betriebsgefahr der beiden unfallbeteiligten Fahrzeuge von je 50 % verurteilt. Die Beklagte hafte gesamtschuldnerisch in gleicher quotenmäßiger Höhe, weil auch eine Leasingnehmerin als Halterin des Fahrzeugs im Verhältnis zur Leasinggeberin aus § 7 Abs. 1 StVG hafte.

 

Rz. 316

Das Berufungsurteil hielt der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision machte zu Recht geltend, dass der Leasinggeber und Eigentümer des Kraftfahrzeugs gegen den Leasingnehmer und Halter eines Kraftfahrzeugs bei einer Beschädigung dieses Fahrzeugs keinen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG auf Ersatz des entstandenen Schadens hat und deswegen keine Gesamtschuld zwischen der Klägerin und der Beklagten bestand, die nach § 426 BGB ausgeglichen werden konnte.

Die Frage, ob der Halter eines Kraftfahrzeugs dem Eigentümer gegenüber aus § 7 Abs. 1 StVG auf Ersatz eines Schadens am Kraftfahrzeug haftet, wird in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.

 

Rz. 317

Das Berufungsgericht meinte unter Hinweis auf ein Urteil des Senats v. 22.3.1983 und eine im Schrifttum vertretene Auffassung, im Fall der Beschädigung eines geleasten Fahrzeugs könne der vom Halter verschiedene Eigentümer des Kraftfahrzeugs den Leasingnehmer als dessen Halter aus § 7 StVG in Anspruch nehmen (vgl. Senatsurt. v. 22.3.1983 – VI ZR 108/81, BGHZ 87, 133, 138). Dass die Gefährdungshaftung (anders als bei Mithaltern) eingreife, obwohl das schädigende Fahrzeug zugleich die beschädigte Sache sei, finde seinen Grund in der von den Beteiligten vorgenommenen Aufspaltung von rechtlicher und faktischer Herrschaftsgewalt. Die Haftung aus § 7 StVG ergebe sich nämlich nicht aus Eigentum, sondern aus der durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs hervorgerufenen Gefährdung anderer Rechtsgüter. Eine Einschränkung der Halterhaftung dahingehend, dass Ansprüche des Eigentümers der beschädigten Sache dann ausgeschlossen sein sollen, wenn die Beschädigung durch den Halter des Fahrzeugs beim Betrieb desselben hervorgerufen worden sei, ergebe sich aus § 7 StVG nicht.

 

Rz. 318

Nach anderer Auffassung soll der Leasinggeber den Leasingnehmer für Schäden am geleasten Fahrzeug nur dann in Anspruch nehmen können, wenn den Leasingnehmer ein Verschulden trifft. Deshalb stehe dem regulierenden Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer kein Gesamtschuldnerausgleich gegenüber dem nur aus dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung mithaftenden Halter und Leasingnehmer zu. Die Haftung des Halters nach § 7 Abs. 1 StVG erstrecke sich nicht auf das von ihm gehaltene Fahrzeug selbst. Unter der "Sache", für deren Beschädigung er bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG im Übrigen hafte, sei nur eine vom Fahrzeug verschiedene Sache zu verstehen, nicht dagegen das Fahrzeug selbst.

 

Rz. 319

Diese Auffassung ist richtig. Soweit sich aus dem Senatsurteil v. 22.3.1983 etwas anderes ergeben sollte, hielt der erkennende Senat daran nicht mehr fest.

 

Rz. 320

Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist. Ob dies der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden. Die Haftung wird mithin nicht schon durch jede Verursachung eines Schadens begründet, der im weitesten Sinne im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ausgelöst worden ist. Eine Haftung tritt vielmehr erst dann ein, wenn das Scha...

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