Rz. 76

Die ursprünglich unangemessen lange, 30-jährige Verjährungsfrist des BGB wurde durch die Regelung des (alten) § 51b BRAO abgelöst, die einen Verjährungszeitraum von drei Jahren statuierte. Mit Verkürzung der Regelverjährungsfrist auf ebenfalls drei Jahre, wurde § 51b BRAO obsolet und durch das Gesetz zur Anpassung der Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts mit Wirkung ab dem 15.12.2004 ersatzlos gestrichen.

 

Rz. 77

Grundsätzlich richtet sich die Verjährung von Anwaltshaftpflichtfällen heute nach §§ 194 ff. BGB. Diese sehen eine (Regel-)Verjährungsfrist von 3 Jahren vor. Alternativ hierzu kann eine Frist von 10 Jahren in Betracht kommen. Die neue Verjährung sieht schließlich noch die "Option" einer maximal 30-jährigen Verjährungsfrist vor.

 

Rz. 78

Fristbeginn für das gesetzliche Leitbild der Regelverjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB ist das Ende des Jahres[302] der Anspruchsentstehung, dies wiederum abhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Mandanten von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners.

 

Rz. 79

Nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB verjähren Haftpflichtansprüche gegen den Rechtsanwalt alternativ 10 Jahre nach deren Entstehung, selbst dann, wenn der Mandant bis dahin keine Kenntnis von einem evtl. Schaden und/oder einer möglichen Verantwortlichkeit des Rechtsanwalts hatte.

 

Rz. 80

Nach § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB beträgt die maximale Verjährungsfrist – unabhängig von allen Voraussetzungen – 30 Jahre nach der die Schadenersatzpflicht auslösenden Handlung, der entsprechenden Pflichtverletzung oder dem betreffenden Ereignis.

 

Rz. 81

Die bisherige Regelung (§ 51b BRAO) sah dagegen vor, dass

Zitat

"der Anspruch des Auftraggebers auf Schadenersatz aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis … in drei Jahren von dem Zeitpunkt an (verjährt), in dem der Anspruch entstanden ist, spätestens drei Jahre nach Beendigung des Mandats,"

d.h. auf den Tag genau drei Jahre, nachdem er entstanden ist.

 

Rz. 82

Der Entstehungszeitpunkt lässt sich nicht immer eindeutig bestimmen. Zu dessen Festlegung auch im Rahmen der §§ 194 ff. BGB kann auf die Rechtsprechung zu § 51b 1. Alt. oder zu § 68 StBerG (entsprechend aufgehobene Verjährungsvorschrift für Steuerberater) zurückgegriffen werden.[303]

Danach ist der Anspruch grundsätzlich mit Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale einschließlich des Schadens entstanden, also zu dem Zeitpunkt, zu dem der Geschädigte die Möglichkeit zur Klageerhebung hatte, wobei die Möglichkeit einer verjährungsunterbrechenden Feststellungsklage ausreicht.[304] Mit der Risiko-Schaden-Formel stellt der BGH klar, dass eine bloße Vermögensgefährdung nicht ausreicht, sondern sich die Vermögenslage des Geschädigten gegenüber dem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert haben muss.

Die Spezialnorm des § 51b BRAO ist allerdings auch heute noch Gegenstand der Rechtsprechung, nämlich gem. Art. 229 § 12, § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB für die (Übergangs-)Fälle, in denen die "alte" Verjährung gem. § 51b BRAO bis zum o.g. Zeitpunkt, dem 15.12.2004, noch nicht eingetreten war.

 

Rz. 83

Verjährungsvoraussetzungen – detailliert – im Vergleich

 
  Alt Neu
A. Primär-(Regel)verjährung
1. Frist 3 Jahre 3 Jahre
2. Beginn    
Entstehung des Anspruchs objektiv objektiv
Beendigung des Mandats ggf. günstigere Alternative unbeachtlich
Kenntnis des Geschädigten unbeachtlich erforderlich
alternativ Kennenmüssen unbeachtlich erforderlich
Fristlauf "Tag-genau" "mit Ende des betr. Jahres"
3. Sekundärhaftung zur ­Regelverjährung[305] ja keine Sekundärhaftung
3.1 Voraussetzungen    
Aufklärungspflicht (über evtl. Haftpflichtanspruch gegen sich selbst und Verjährung) desselben ja keine Sekundärhaftung
schuldhafte Verletzung der ­entsprechenden Pflicht ja keine Sekundärhaftung
3.2 Rechtsfolge Verlängerung der Frist um weitere drei Jahre keine Sekundärhaftung
B. Alternative (Neuregelung), § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB
1. Frist ./. 10 Jahre
2. Beginn    
Entstehung des Anspruchs ./. objektiv
Kenntnis des Geschädigten ./. unbeachtlich
Kennenmüssen ./. unbeachtlich
Fristlauf ./. "Mit Ende des betr. Jahres"
3. Sekundärverjährung ./. mangels Schutzbedürfnis wohl nicht
C. Alternative (Neuregelung), § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB
1. Frist ./. 30 Jahre
2. Beginn ./. soweit nicht die o.g. Voraussetzungen erfüllt sind
 

Rz. 84

Da die §§ 195, 199 BGB für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis des Mandanten von Schaden und Schädiger abstellen, ist für die (durch die Rechtsprechung entwickelte, aber nie besonders überzeugend begründete) Sekundärhaftung bei unterlassener Aufklärung über den möglichen Haftungsanspruch[306] kein Raum mehr. Dieses Rechtsinstitut könnte allenfalls im Rahmen der Übergangsregelung noch eine untergeordnete Rolle spielen. Gelegenheit, die ­Sekundärhaftung offiziell ad acta zu legen, hatte der BGH indes bis heute nicht.

[302] Dies ist ein elementarer Unterschied zur "alten" Verjährung gem. § 51 b BRAO; zum Verjährungsbeginn nach neuen Recht – §§ 194 ff. BGB: BGH...

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