Rz. 81

Der Anspruch des Vermächtnisnehmers ist sofort fällig, wenn nichts anderes bestimmt wurde.[80] Muss der Alleinerbe die Vermächtnisse sofort erfüllen, kann ihm dies erhebliche Probleme bereiten.[81] Zum einen kann er die Höhe des Vermächtnisses noch nicht genau bestimmen, wenn ihm Informationen über die Aktiva und Passiva fehlen. Zum anderen kann er oft über Vermögen mangels Erbschein noch nicht verfügen. Bis ein Erbschein vorliegt und der Alleinerbe die Vermächtnisse berechnen und auszahlen kann, können – je nach Lage des Einzelfalls und dem Arbeitstempo des Nachlassgerichtes – Wochen und auch Monate vergehen. Wird von einem Vermächtnisnehmer trotzdem kurz nach dem Erbfall die Auszahlung verlangt, gerät der Alleinerbe zumindest in Verzug und hat Verzugszinsen zu zahlen.

Die Informations- und Verfügungsmöglichkeiten des Alleinerben können durch eine ab dem Tode oder über den Tod hinaus wirksame Vorsorgevollmacht erweitert werden.[82] Auch ein notarielles Testament zusammen mit der Eröffnungsniederschrift muss im Regelfall etwa von Banken akzeptiert werden.[83]

Grundsätzlich sollte die Fälligkeit des Vermächtnisses nicht beim Erbfall, sondern zu einem späteren Zeitpunkt eintreten. Wie lange der Alleinerbe benötigen wird, ist im Einzelfall zu schätzen: Ist er auch Vorsorgebevollmächtigter, der Nachlass einfach gelagert, liegt ein notarielles Testament vor oder arbeitet das Nachlassgericht am Wohnort des zukünftigen Erblassers regelmäßig zügig, kann die Frist kürzer werden, ist eine umfangreichere Tätigkeit des Alleinerben zu erwarten, sollte sie länger bemessen werden. In Betracht kommen beispielsweise Zeiträume von vier Wochen bis zu sechs Monaten nach dem Erbfall.

 

Formulierungsbeispiel: Fälligkeitsbestimmung

Das Vermächtnis ist fällig und zahlbar innerhalb von 6 (sechs) Monaten nach meinem Tode.

Dem Mandanten sollte die Anordnung erläutert werden.

 

Formulierungsbeispiel: Erläuterung für den Mandanten zur Fälligkeit

Grundsätzlich ist ein Vermächtnis fällig und zahlbar mit dem Tode des Erblassers. Da der Erbe das Vermögen aber zunächst sichten muss, um das Vermächtnis erfüllen zu können, kann einige Zeit vergehen. Für diese Zeit stehen dem Vermächtnisnehmer dann grundsätzlich Verzugszinsen zu, die vom Erben zu zahlen ist. Diese Belastung des Erben wird durch den vorstehenden Satz vermieden.

Es besteht selbstverständlich ein gewisses Risiko der Veruntreuung durch den Erblasser. Dieses wird aber auch durch eine sofortige Fälligkeit nicht ausgeräumt, sondern nur etwas erschwert. Bei Immobilienvermächtnissen ist der Anspruch auf dingliche Rechtsänderung zudem vormerkungsfähig.[84]

[80] Damrau/Tanck/Linnartz, § 2174 Rn 21; MüKo/Rudy, § 2174 Rn 4.
[81] Zu steuerrechtlichen Problemen: Landsittel, ZEV 2003, 221–225.
[82] Ausführlich: Kurze, ZErb 2008, 399.
[83] Ott-Eulberg/Schebesta/Bartsch, § 2 Rn 51–61.
[84] Damrau/Tanck/Linnartz, § 2174 Rn 59; Formulierungsbeispiel zur Eintragung einer Vormerkung durch einstweilige Verfügung bei Tanck, in: Bonefeld/Kroiß/Tanck, § 6 Rn 137.

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