Rz. 60

Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG ist das einem Vermächtnisnehmer Zugewandte für den Erben als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Sein steuerpflichtiger Erwerb ist also um das Vermächtnis gemindert. Steuerschuldner ist gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG der Erwerber.

Problematisch kann es für Erben sein, wenn das Vermächtnis ausgekehrt wird, der Vermächtnisnehmer die Steuer aber nicht zahlt. Erben können dann unter Umständen gemäß § 20 Abs. 3 ErbStG haften.

Es ist umstritten, ob Erben und Vermächtnisnehmer gegenseitig oder zumindest Erben gegenüber den Vermächtnisnehmern für die Steuer haften. Meincke verneint dies mit guten Gründen und einem Verweis auf die Gesetzesmaterialien.[49] Er steht damit allerdings gegen die sonst herrschende Meinung.[50]

Trotzdem sollte die mögliche Belastung des oder der Erben beachtet werden. Bei größeren Vermächtnissen könnte die Fälligkeit soweit hinausgeschoben werden, dass die Erben und Vermächtnisnehmer die Möglichkeit zu Steuererklärungen haben. Damit kann die Erfüllung der Erbschaftsteuerschuld berücksichtigt werden.

Wie Carlé ausführt, erfolgt der Erwerb des Vermögensgegenstandes durch den Vermächtnisnehmer mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers, nicht bei der Erfüllung durch den Erben.[51] Diese Abweichung von der Zivilrechtslage erscheint nicht sachgerecht, bedeutet aber für den Gestalter, eine gewisse Vorsicht walten zu lassen: Bei Erfüllung erst einige Zeit nach dem Erbfall kann der Vermächtnisnehmer einen geringeren Betrag erhalten, als er sich steuerlich anrechnen lassen muss.

[49] Meinecke, § 20 Rn 11.
[50] Daragan/Halaczinsky/Riedel/Gohlisch, § 20 ErbStG Rn 58.
[51] Carlé, ErbStB 2011, 84, 85.

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