Rz. 126

Im Insolvenzverfahren kann der Vermieter aufgrund einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter Schadensersatz wegen vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses verlangen. Dieser Schadensersatzanspruch ist nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO eine reine Insolvenzforderung. Für diesen Schadensersatzanspruch kann kein Absonderungsrecht geltend gemacht werden. Ein Absonderungsrecht nach § 50 Abs. 2 S. 2 InsO (Vermieterpfandrecht) beschränkt sich auf Forderungen auf den Mietzins und nicht auf die Schadensersatzforderung. Das Vermieterpfandrecht bezieht sich auf die vom Insolvenzschuldner in seinem Eigentum stehenden und von ihm in die Mieträume eingebrachten Gegenstände. Immer wieder kommt es in der Praxis bezüglich des Vermieterpfandrechtes zu Missverständnissen. Die Gegenstände des Insolvenzschuldners müssen vor Insolvenzeröffnung in das Mietverhältnis eingebracht werden. Das Pfandrecht an diesen entsteht mit der Einbringung kraft Gesetzes. Werden Vermögensgegenstände des Insolvenzschuldners nach Verfahrenseröffnung in die Mieträume verbracht, so kann daran kein Vermieterpfandrecht entstehen. Der Entstehung steht § 91 InsO entgegen.[76]

 

Rz. 127

Ist der Insolvenzschuldner zur Herausgabe der Wohnung verpflichtet, so muss er diese dem Vermieter übergeben.[77] Werden durch den Insolvenzschuldner auch nur die Schlüssel zurückgehalten, so steht dies einer vollständigen Herausgabe der Mietsache an den Vermieter entgegen. Nach Ablauf der Kündigungsfrist steht dem Vermieter bzw. dem Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzschuldner Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die nicht herausgegebene Mietsache (§ 812 BGB) und Schadensersatzanspruch nach § 546 Buchst. a BGB wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache zu.[78] Damit Ansprüche gegenüber dem Insolvenzverwalter entstehen können, muss dieser die Mietsache in Besitz genommen haben.[79]

 

Rz. 128

Problematisch sind auch Fälle, in denen die Räumlichkeiten von weiteren Familienangehörigen neben dem Insolvenzschuldner mitgenutzt werden. Die überwiegende Meinung in der Literatur vertritt die Auffassung, gegenüber diesen Personen käme kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung infrage. Bei nicht volljährigen Kindern kann dieser Auffassung gefolgt werden. Denn diese haben keinen eigenen Besitzwillen. Erklären aber die Familienmitglieder neben dem Insolvenzschuldner gegenüber dem Verwalter, die Wohnung auch mit nutzen zu wollen, um nicht eigene Mieträume anmieten zu müssen, so entsteht nach der hier vertretenen Auffassung auch ein Nutzungsentschädigungsanspruch gegen diese.

 

Rz. 129

Werden die Mieträume nicht freiwillig von dem Insolvenzschuldner herausgegeben, so muss der Insolvenzverwalter seine Rechte auf dem Zivilrechtsweg durchsetzen. Der Insolvenzeröffnungsbeschluss stellt keinen Vollstreckungstitel zur Herausgabe dar. Der Vollstreckungstitel ist gegen alle nutzenden Personen zu erwirken.

 

Rz. 130

Dies ist notwendig, da sowohl der Ehepartner als auch die anderen selbstnutzenden Familienangehörigen Mitbesitzer im Sinne des § 866 BGB sind. In diesem Falle üben die beiden Eheleute die gemeinsame Herrschaftsmacht über die inne gehaltene Ehewohnung aus.

 

Rz. 131

Leben die Ehepartner dauernd getrennt, so scheidet die Besitzvermutung des § 1362 Abs. 1 S. 2 BGB aus. Ein Getrenntleben der Ehepartner kann auch innerhalb der eigenen Wohnung erfolgen (§ 1567 Abs. 1 S. 2 BGB).

[76] FK/Wegener, § 109 Rn 19.
[77] FK/Wegener, § 109 Rn 18
[78] FK/Wegener, § 109 Rn 21.
[79] BGH ZIP 2007, 340 [341].

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