Zusammenfassung

 
Überblick

Bezüglich der Auswirkungen eines Insolvenzverfahrens auf ein bestehendes Mietverhältnis unterscheidet die Insolvenzordnung einerseits zwischen dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters bzw. des Vermieters und andererseits danach, ob dem Mieter die Mieträume bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits überlassen waren bzw. nur der Mietvertrag abgeschlossen war, aber noch keine Überlassung erfolgt ist.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Wird über das Vermögen eines Mieters das Insolvenzverfahren eröffnet, so verliert dieser die Befugnis, sein Vermögen zu verwalten und hierüber zu verfügen.[1] Das Vermögen des Mieters dient als Insolvenzmasse zur gemeinschaftlichen Befriedigung aller persönlichen Gläubiger, welche einen zur Zeit der Insolvenzeröffnung begründeten Vermögensanspruch gegen den Mieter haben.[2]

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vermieters berührt den Bestand des Mietvertrags nicht. Der Insolvenzverwalter muss den Vertrag gegenüber dem Mieter erfüllen. Der Mieter hat die Miete und Nebenkosten[3] an den Insolvenzverwalter zu bezahlen. Sonderkündigungsrechte bestehen nicht.

1 Insolvenz des Mieters

1.1 Fällige Ansprüche des Vermieters werden Insolvenzforderungen

Zu den Insolvenzgläubigern des Mieters gehört auch der Vermieter hinsichtlich der im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung fälligen Mietrückstände, Schadensersatzansprüche, Erfüllungsansprüche wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und dergleichen. Ist das Mietverhältnis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht beendet, so hat der Vermieter weiterhin den Anspruch auf die volle Miete. Dies folgt aus § 53 InsO. Dort ist geregelt, dass die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen sind. Zu den Masseverbindlichkeiten gehören auch die Ansprüche aus einem Mietvertrag.[1]

 
Hinweis

Vorläufiger Insolvenzverwalter

Ist ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden[2], so zählen zu den Masseverbindlichkeiten auch die Ansprüche auf die Miete, wenn und soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.[3]

Andererseits bestimmt § 108 Abs. 3 InsO, dass ein Vermieter oder Verpächter Ansprüche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur als Insolvenzgläubiger geltend machen kann. Für das Verhältnis von § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO zu § 108 Abs. 3 InsO gilt Folgendes:[4]

  1. § 55 Abs. 2 InsO ist gegenüber § 108 Abs. 3 InsO als spezielle Regelung vorrangig, wenn es um die Rechtsfolgen des Handelns eines vorläufigen Insolvenzverwalters geht.
  2. § 55 Abs. 2 InsO gilt nur dann, wenn die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Mieters auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist.
  3. Hinsichtlich der Verfügungsbefugnis ist zu unterscheiden:

    1. Das Gericht kann anordnen, dass Verfügungen des Mieters nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (sog. "schwacher" Insolvenzverwalter).[5]
    2. Das Gericht kann dem Mieter aber auch ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen mit der Folge, dass die Verfügungsbefugnis in vollem Umfang auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht (sog. "starker" Insolvenzverwalter).[6]
  4. Die dem Vermieter günstige Regelung des § 55 Abs. 2 InsO gilt nur, wenn das Gericht einen "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt hat, also in den unter 3b) dargestellten Fällen. Auf den vorläufigen Insolvenzverwalter ist § 55 Abs. 2 InsO nach ständiger Rechtsprechung weder unmittelbar noch analog anwendbar.[7]

Wird das Mietverhältnis nach der Insolvenzeröffnung beendet und gibt der Insolvenzverwalter die Mietsache gleichwohl nicht zurück, liegt eine Vorenthaltung i. S. v. § 546a BGB vor. Der Vermieter hat in diesem Fall Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB. Dieser Anspruch wird von der Rechtsprechung nicht als Schadensersatzanspruch, sondern als vertragsähnlicher Anspruch bewertet.

 
Hinweis

Nutzungsentschädigung als Masseverbindlichkeit

Dies hat u. a. zur Folge, dass auch die Nutzungsentschädigung zu den Masseverbindlichkeiten gehört, sodass der Vermieter auch insoweit vorzugsweise befriedigt wird.[8]

Eine andere Rechtsfolge tritt allerdings dann ein, wenn das Mietverhältnis bereits vor Insolvenzeröffnung beendet worden ist. In diesem Fall gilt die Nutzungsentschädigung nur dann als bevorzugte Masseverbindlichkeit, wenn der Insolvenzverwalter die Mietsache für die Masse nutzt (Anspruch aus rechtloser Bereicherung der Masse).[9] Anderenfalls kann der Vermieter nur anteilige Befriedigung aus der Masse verlangen (BGH, a. a. O.).

Nach § 60 InsO haftet der Insolvenzverwalter auf Schadensersatz, wenn er eine insolvenzspezifische Pflicht verletzt. Darunter versteht man solche Pflichten, die sich aus der Insolvenzordnung ergeben. Hierzu zählt auch die Pflicht, eine vom Schuldner gemietete Sache nach Beendigung der Mietzeit an den Vermieter zurückzugeben. Unterbleibt die Rückgabe aufgrund eines schuldhaften Verhaltens ...

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