Rz. 113

Vorbemerkung: In diesem Abschnitt werden gebräuchliche Klauseln erörtert, insbesondere vor dem Hintergrund der Frage nach ihrer Wirksamkeit. Sondervergütungsregelungen werden gesondert behandelt (→ § 10 Rdn 139). In der Rspr. wurde bislang meistens nicht zwischen der Unwirksamkeit (Nichtigkeit) einer Klausel (insbesondere nach AGB-Recht, also gem. § 307 Abs. 1 BGB) und der bloßen Anfechtbarkeit (Rechtswidrigkeit, "Ordnungswidrigkeit") nach WEG-Recht unterschieden. Die Überprüfung von Verwaltervertragsklauseln erfolgte fast immer im Rahmen einer (jetzt i.d.R. nicht mehr möglichen) Beschlussanfechtungsklage; in diesem Rahmen kam es nicht darauf an, ob eine Klausel "nur" ordnungsmäßiger Verwaltung widersprach oder ob sie nach AGB-Recht nichtig war, denn es entsprach verbreiteter Auffassung, dass der Beschluss einer AGB-widrigen Klausel zugleich ordnungsmäßiger Verwaltung widersprach. Diese Überlegung ist unverändert richtig: man kann grundsätzlich davon ausgehen, dass eine (ehemals) anfechtbare (ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechende) Regelung zugleich AGB-widrig ist, denn die zugrunde liegenden Wertungen sind letztlich dieselben.

 

Rz. 114

Kompetenzzuweisung zum Abschluss von Verträgen, allgemein. Zur Vertretung der Gemeinschaft ist der Verwalter im Außenverhältnis gem. § 9b Abs. 1 WEG berechtigt; einer Regelung im Verwaltervertrag zur Begründung der Vertretungsmacht bedarf es also nicht. Zu regeln sind seine (Geschäftsführungs-)Befugnisse im Innenverhältnis ("Kompetenzzuweisung"), wofür die Regelung des § 27 Abs. 2 WEG gilt: Demnach können die Wohnungseigentümer die Rechte und Pflichten des Verwalters im Innenverhältnis durch Beschluss einschränken oder erweitern. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zur alten Rechtslage dar, als das gesetzliche Leitbild (womit schlagwortartig bezeichnet wird, was § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB als "wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung" beschreibt) durch die Bestimmung des § 27 Abs. 3 Nr. 7 a.F. geprägt wurde: nach jener Bestimmung mussten wesentliche Entscheidungen von der Gemeinschaft getroffen und durften nicht auf den Verwalter delegiert werden. Das jetzige Leitbild ergibt sich aus § 27 Abs. 2 WEG: Das Gesetz lässt der Gemeinschaft im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung freie Hand bei der Festlegung der Verwalterkompetenzen. Damit ist die bisherige Rspr., die jegliche Kompetenzverlagerung auf den Verwalter nur in sehr engen Grenzen zuließ, überholt. Bislang als unwirksam betrachtete Klauseln werden jetzt jedenfalls nicht mehr am Gesichtspunkt der unzulässigen Kompetenzverlagerung scheitern. Insbesondere kann die Gemeinschaft festlegen, bis zu welcher Höhe und unter welchen Bedingungen der Verwalter Geld ohne besonderen Beschluss ausgeben darf. Vorschläge finden sich im Musterverwaltervertrag im Anhang (→ § 14 Rdn 1, dort § 2). Unverändert gilt, dass die Regelungen klar und bestimmt sein müssen. Wenn (wie es häufig vorkommt) Verwalterbefugnisse an die Mitwirkung des Verwaltungsbeirats gekoppelt werden, muss die Art und Weise der Mitwirkung klar geregelt sein. Beschlüsse einer Auftragsvergabe "in Abstimmung" oder "nach Rücksprache mit dem Beirat" wurden schon deshalb für ungültig erklärt,[167] weil unklar sei, was genau damit gemeint sei. Nach hiesiger Auffassung ist diese Beurteilung indes übertrieben streng; legt man sie aber zugrunde, sind entsprechende Klauseln im Verwaltervertrag wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB) nichtig. Ausreichend klar dürfte es sein, wenn das Verwalterhandeln an das "Einvernehmen" oder (gleichbedeutend) an die "Zustimmung" des Verwaltungsbeirats geknüpft wird. Gibt es derartige Vorgaben, kommt es auf die Zustimmung des Verwaltungsbeirats als Organ und nicht auf die Zustimmung aller seiner Mitglieder an, sodass es Sache der Mitglieder des Verwaltungsbeirats ist, wie sie ihre Entscheidung als Kollegialorgan untereinander treffen.[168]

 

Rz. 115

Die etwaige Unwirksamkeit der kompetenzzuweisenden Regelungen hat fast keine Folgen. Denn im Gegensatz zum alten Recht, als die Regelungen im Verwaltervertrag die Vertretungsmacht im Außenverhältnis begründeten, wirkt sich eine etwaige Unwirksamkeit von Regelungen des Verwaltervertrags auf die (gesetzliche) Vertretungsmacht des Verwalters nicht aus. Abgeschlossene Verträge sind und bleiben wirksam. In Betracht kommen allenfalls Ersatzansprüche gegen den Verwalter, wenn der Gemeinschaft aus einer unbefugten Handlung ein Schaden entstanden sein sollte, oder die Abberufung aus wichtigem Grund.

 

Rz. 116

Kompetenzzuweisung bei der Abwicklung von Versicherungsschäden. Wenn ein versicherter Schaden am Gemeinschaftseigentum auftritt (häufigster Fall: Leitungswasserschaden), ist der Verwalter, wenn im Vertrag nichts anderes vereinbart wird, zur Durchführung des beim Auftreten von Mängeln am Gemeinschaftseigentum geltenden "Standardprogramms" (→ § 10 Rdn 268) verpflichtet: Er muss (oder müsste) Angebote von Unternehmen einholen, die Beschlussfassung der Gemeinschaft vorbe...

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