A. Allgemeines

 

Rz. 1

Für den Erben stellt sich zuerst die Frage, ob er die Erbschaft annehmen soll. Dies ist sicherlich dann zu bejahen, wenn der Nachlass nicht überschuldet ist. Für diese Feststellung und Entscheidung hat der Erbe in der Regel sechs Wochen – in Ausnahmefällen sechs Monate – Zeit, § 1944 BGB. Lässt er die Ausschlagungsfrist verstreichen, so ist die Erbschaft – endgültig – angenommen, § 1943 BGB. Die Erbenstellung kann sodann lediglich noch mittels Anfechtung beseitigt werden, sofern ein Anfechtungsgrund gegeben ist (zu den Anfechtungsmöglichkeiten siehe Rdn 403 ff.).

 

Rz. 2

Handelt es sich bei dem Erben um einen Pflichtteilsberechtigten, dann gestaltet sich die Frage etwas schwieriger. Denn der Pflichtteilsberechtigte hat unter Umständen die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen und seinen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Dies ist insbesondere dann überlegenswert, wenn neben einer Erbeinsetzung Vermächtnisse angeordnet sind, die den Wert des Nachlasses erheblich mindern. Vergisst der Erbe in einem solchen Fall auszuschlagen oder entscheidet er sich bewusst für die Annahme der Erbschaft, so führt dies in aller Regel dazu, dass er die Vermächtnisse zu erfüllen hat und ihm damit unter Umständen letztlich weniger als sein Pflichtteil verbleibt, § 2306 BGB. Weitere Beschränkungen und Beschwerungen, die nach § 2306 BGB den pflichtteilsberechtigten Erben berechtigen, statt der Erbschaft den Pflichtteil zu verlangen, sind:

Beschwerung mit einer Auflage
Teilungsanordnung
Testamentsvollstreckung
Einsetzung als Vorerbe
Einsetzung als Nacherbe.

B. Die Sicherung des Nachlasses

 

Rz. 3

Unter der Bezeichnung "Nachlasssicherung" werden grundsätzlich die Regelungen in §§ 19601962 BGB verstanden. Hier sollen jedoch – wegen der praktischen Bedeutung – auch die Regeln über die Verfügungen des vorläufigen Erben, der die Erbschaft ausschlägt, der Erbschaftsanspruch und die Vorschriften über die Verpflichtung zur Ablieferung von Testamenten behandelt werden.

I. Allgemeines

1. Unklarheit der Erbfolge

 

Rz. 4

Regelmäßig wird dem Nachlassgericht der Tod einer Person durch Anzeige des Standesbeamten bekannt. Da die Mitteilung des Standesamts an das Nachlassgericht im Rahmen eines verwaltungsmäßigen Verfahrens erfolgt, vergehen zumindest mehrere Tage zwischen dem Tod einer Person und dessen Bekanntwerden beim Nachlassgericht. In der Zwischenzeit können Veränderungen im Bestand des Nachlasses vorgenommen worden sein oder – was so selten nicht geschieht – privatschriftliche Testamente beseitigt worden sein.

 

Rz. 5

Bis zur Ermittlung der Erben kann weitere Zeit verstreichen, während der einerseits unklar ist, wer über die Nachlassgegenstände verfügungsberechtigt ist und während der möglicherweise Nichtberechtigte Verfügungen vornehmen und auf diese Weise den Nachlass schmälern.

 

Rz. 6

Deshalb ist unter dem Gesichtspunkt der Sicherung des Nachlassbestandes zu empfehlen, dass der Erblasser einer Vertrauensperson eine postmortale oder eine transmortale Vollmacht erteilt, um die Zeit zwischen dem Erbfall und der zuverlässigen Feststellung der Erbfolge zu überbrücken. Ein Bevollmächtigter ist in jedem Falle befugt, sofort nach dem Erbfall Anordnungen zur Sicherung des Nachlassbestandes zu treffen und gegebenenfalls entsprechende Verfügungen vorzunehmen, noch bevor der endgültig Verfügungsberechtigte feststeht. Dies gilt auch für den Fall, dass der Erblasser einen Testamentsvollstrecker eingesetzt hat, weil das Amt des Testamentsvollstreckers erst mit der ausdrücklichen Amtsannahme gegenüber dem Nachlassgericht beginnt (§ 2202 Abs. 1 BGB).[1]

(Zur Vollmacht siehe oben § 7 Rdn 663 ff.).

[1] Vgl. hierzu BGH NJW 1962, 1718; OLG München, Beschl. v. 15.11.2011 – 34 Wx 388/11, DNotZ 2012, 303 = FamRZ 2012, 1004 = ZErb 2012, 18 = ZEV 2012, 376; Merkel, Die Anordnung der Testamentsvollstreckung – Auswirkungen auf eine postmortale Bankvollmacht, WM 1987, 1001 ff.; Michalski, Postmortale Grundstücksvollmacht, WuM 1997, 658; Werkmüller, Vollmacht und Testamentsvollstreckung als Instrumente der Nachfolgegestaltung bei Bankkonten, ZEV 2000, 305.

2. Sicherung des Erblasserwillens

a) Amtliche Verwahrung von Verfügungen von Todes wegen

 

Rz. 7

Zur Sicherung der Erbfolge durch Verfügung von Todes wegen ist deren amtliche Verwahrung sinnvoll, da so sichergestellt ist, dass der Inhalt auch bekannt wird. Die Amtsgerichte sind für die besondere amtliche Verwahrung zuständig, § 344 FamFG, funktionell zuständig ist der Rechtspfleger, § 3 Nr. 2c RPflG. Die Landesregierungen können die Aufgabe auf den Urkundsbeamten übertragen, § 36b RPflG.

b) Örtliche Zuständigkeit

aa) Notariell beurkundetes Testament

 

Rz. 8

Beim notariell beurkundeten Testament ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat, § 344 Abs. 1 Nr. 1 FamFG.

bb) Eigenhändiges Testament

 

Rz. 9

Das privatschriftliche einseitige oder gemeinsame Testament (§§ 2247, 2267 BGB) kann bei jedem Amtsgericht verwahrt werden, § 344 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.

cc) Nottestament – Bürgermeistertestament

 

Rz. 10

Das vor dem Bürgermeister errichtete Nottestament (§ 2249 BGB) ist bei dem Amtsgericht zu verwahren, zu dessen Bezirk die Gemeinde gehört, § 344 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.

dd) Erbverträge

 

Rz. 11

Die gleichen Regeln gelten auch für Erbverträge, § 344 Abs. 1 bis 3 FamFG.

c) Benachrichtigung des Geburtsstandesamts

 

Rz. 12

Das Standesamt des Geburtsorts ...

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