Rz. 377

Ein Anfechtungsrecht Dritter kann beim Erbvertrag erst mit dem Tode des Erblassers entstehen, da zuvor allein Letzterer anfechtungsberechtigt ist.[387] Der im Einzelnen anfechtungsberechtigte Personenkreis ergibt sich aus § 2080 BGB. Hierbei ist wiederum zu beachten, dass die Anfechtung von Erbeinsetzungen und Auflagen gegenüber dem Nachlassgericht, die Anfechtung eines Vermächtnisses nach h.M. gemäß § 143 Abs. 4 BGB gegenüber dem Bedachten vorzunehmen ist.[388]

 

Rz. 378

Umstritten ist, ob Umstände, die erst nach dem Erbfall eingetreten sind, eine Anfechtung begründen können.[389] § 2078 Abs. 2 BGB spricht von "Erwartung" eines Umstandes; und dies ist eine in der Zukunft liegende Tatsache, die entweder zwischen Errichtung einer Verfügung von Todes wegen und dem Erbfall oder auch nach dem Erbfall eintreten kann.

 

Rz. 379

Beim gemeinschaftlichen Testament können Dritte, die durch die Aufhebung des Testaments einen Vorteil erlangen würden, sowohl die Verfügung des Erst- als auch des Letztversterbenden durch formlose Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht gemäß § 2081 BGB anfechten, wenn die Voraussetzungen der §§ 2078 ff. BGB vorliegen.

 

Rz. 380

Die Anfechtung wechselbezüglicher Verfügungen des Letztversterbenden durch Dritte ist jedoch analog § 2285 BGB ausgeschlossen, wenn der Erblasser seinerseits das Recht auf Selbstanfechtung gemäß § 2281 BGB bereits verloren hat, so etwa bei Ablauf der Frist des § 2283 Abs. 1 BGB, im Falle der Bestätigung gemäß § 2284 BGB oder aber bei rechtsmissbräuchlicher Schaffung eines Anfechtungsgrundes.[390] Die Anfechtungsfrist des § 2082 BGB beginnt für den Schlusserben immer erst mit dem Tod des Überlebenden.[391]

 

Rz. 381

Der Erblasser kann bereits im Erbvertrag oder im gemeinschaftlichen Testament auf einen konkret möglich erscheinenden Anfechtungsgrund ganz oder teilweise verzichten.[392] Mit Anfechtungsverzichten ist jedoch sehr vorsichtig und verantwortungsbewusst umzugehen. Denn der Erblasser und auch Dritte sollten auf grundlegende Veränderungen noch reagieren können. Dabei kommt es bei einem Anfechtungsverzicht i.S.v. § 2079 S. 2 BGB auch auf das Alter des Erblassers an, denn bei einem noch relativ jungen Erblasser ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass er sich nach dem Tod seines Ehegatten wieder verheiratet und aus dieser neuen Ehe Kinder hervorgehen, als bei einem älteren Erblasser. Und Wiederverheiratung und Nachgeborenwerden von Kindern sind Anfechtungstatbestände i.S.v. § 2079 BGB, weil Ehegatte und Kinder pflichtteilsberechtigt sind.

[387] MüKo/Musielak, § 2285 Rn 2.
[388] MüKo/Musielak, § 2285 Rn 2.
[389] Offen gelassen von BGH NJW-RR 1987, 1412, 1413.
[390] Reimann/Bengel/Mayer, § 2271 Rn 91.
[391] BayObLG FamRZ 1977, 347, 349.
[392] BGH NJW 1983, 2247, 2249.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge