Rz. 17

Wird dem Nachlassgericht ein Todesfall bekannt, so hat es zu prüfen, ob zu einer amtlichen Fürsorgemaßnahme nach den Vorschriften der §§ 19601962 BGB Anlass besteht. Dies gilt auch für jedes Amtsgericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge für die Sicherung des Nachlasses auftritt (§ 344 FamFG). Dies führt jedoch nicht dazu, dass das Amtsgericht der Fürsorge zum Nachlassgericht werden würde. Sicherungsmaßnahmen werden vor allem erforderlich, wenn der Erblasser kein Testament errichtet hat und die Angehörigen des Erblassers nicht bekannt sind.

 

Rz. 18

Für Maßnahmen der Nachlasssicherung ist grundsätzlich der Rechtspfleger zuständig, § 3 Nr. 2c RPflG.

Auf der Grundlage von Art. 140, 147 EGBGB haben verschiedene Länder die Aufgaben nachlassgerichtlicher Verrichtungen im Zusammenhang mit Sicherungsmaßnahmen auf andere Behörden als Nachlassgerichte übertragen.

 

Rz. 19

Baden-Württemberg: Gemeinde (§ 40 Ba.-Wü. LFGG)
Bayern: Gemeinde (Bürgermeister), Notar und Urkundsbeamter der Geschäftsstelle (Art. 16, 36 Bay AGGVG)
Berlin: Dorfgerichte und ähnliche Behörden (Fortgeltung der Art. 21–24 PrFGG)
Bremen: Die Polizeibehörden haben bei Gefahr im Verzuge für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen (§ 5 Brem. AGFGG)
Hamburg: Alle im Zusammenhang mit einem Todesfall befassten Behörden haben erforderliche Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen (§ 3 Hamb. FGG)
Hessen: Ortsgerichtsvorsteher (§ 16 Ortsgerichtsgesetz)
Niedersachsen: Übertragung auf Notar durch Anordnung des Nachlassgerichts (Art. 13 NiedersFGG)
Nordrhein-Westfalen: Wie Berlin (Dorfgerichte und ähnliche Behörden, Art. 21–24 PrFGG)
Rheinland-Pfalz: Notaren kann die Aufnahme von Nachlassverzeichnissen, Nachlassinventaren und Anlegung von Siegeln zur Nachlasssicherung übertragen werden (§ 13 RhPfLFGG)
Saarland: Die Gemeinde hat bei Gefahr im Verzug vorläufige Maßnahmen zur Nachlasssicherung zu treffen (§ 54 Abs. 2 G z. Ausf. bundesrechtl. Justizgesetze v. 5.2.1997 (Abl 258)
Schleswig-Holstein: Wie Berlin (Dorfgerichte und ähnliche Behörden, Art. 21–24 PrFGG)
Neue Bundesländer: Die Amtsgerichte als Nachlassgerichte sind für Sicherungsmaßnahmen zuständig. Von dem Vorbehalt des Art. 147 EGBGB wurde bisher kein Gebrauch gemacht.
 

Rz. 20

Verhältnis zum Polizeirecht: In den Fällen, in denen die Polizeibehörde ausdrücklich mit Nachlasssicherungsmaßnahmen betraut ist, wird sie nicht polizeirechtlich tätig, sondern nachlassbehördlich.

 

Rz. 21

Allerdings gelten daneben die allgemeinen Regeln des Polizeirechts zur Verhütung von Verstößen gegen Strafgesetze und zur Abwehr von Gefahren. In diesem Rahmen wird die Polizeibehörde in Ausnahmefällen tätig werden, wie z.B. bei der Gefahr des Diebstahls von Nachlassgegenständen oder bei der Gefahr von deren Veruntreuung.

 

Rz. 22

Für den Rechtsweg gegen Anordnungen der Polizei- und Ordnungsbehörden gelten die allgemeinen Vorschriften des Polizei- und Verwaltungsrechts.

In den Fällen, in denen die Polizeibehörde und andere Verwaltungsbehörden ausdrücklich mit Nachlasssicherungsmaßnahmen betraut sind, werden sie nicht polizeirechtlich bzw. verwaltungsrechtlich tätig, sondern im Auftrag des Nachlassgerichts und damit nachlassbehördlich. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die statthaften Rechtsbehelfe und den Rechtsweg wichtig. Ihre Anordnungen unterliegen, soweit sie nachlassbehördlich tätig sind, der befristeten Beschwerde nach §§ 58, 372 FamFG und nicht etwa dem Widerspruchsverfahren nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen und der VwGO.

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