Rz. 69

Neben den versorgungsausgleichsrechtlichen Folgen sind auch die unterhaltsrechtlichen Folgen der Anpassung zu bedenken: Die Kürzung der Versorgung ist zwar ausgesetzt, aber nicht in voller Höhe, sondern nur in der Höhe des fiktiven, der Berechnung zugrunde liegenden Unterhaltsanspruchs und max. i.H.d. Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte. Der Anpassungsbetrag liegt also typischerweise unter der Hälfte der Versorgung, die dem Ausgleichspflichtigen im Ausgleich bei der Scheidung als Kürzungsbetrag genommen wurde.

 

Rz. 70

Unterhaltsrechtlich hat das zur Folge, dass dem Ausgleichspflichtigen tatsächlich weniger Einkommen zur Verfügung steht, um den Unterhaltsanspruch seiner ehemaligen Ehefrau zu bedienen als das, was der Berechnung des fiktiven Unterhaltsanspruchs zugrunde lag. Auch der Unterhaltsanspruch muss deswegen neu errechnet werden. Dieser Schritt hat zwar mit dem Versorgungsausgleichsverfahren nichts mehr zu tun; er ist aber die notwendige Folge aus dem Anpassungsverfahren.

 

Rz. 71

Diese unterhaltsrechtliche Wirkung hat zur Folge, dass trotz der Unterhaltsleistung der Ausgleichspflichtige auch nach dem neuen Recht von der Anpassung profitiert: Der Unterhaltsanspruch wird auf der Basis des nach der Anpassung erzielten Einkommens neu berechnet. I.d.R. führt das zu einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs, sodass dem Ausgleichspflichtigen von dem durch die Aussetzung der Kürzung erzielten Einkommensgewinn regelmäßig mehr verbleibt als dem Ausgleichsberechtigten.

 

Rz. 72

 

Beispiel

M ist gerade mit 65 Jahren nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs Rentner geworden. Sein in der Ehezeit erworbenes Versorgungsanrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung (59,0551 EP) führt zu einer Rente von 1.800 EUR, seine private Altersversorgung zu einer zusätzlichen Rente von 400 EUR. Seine 20 Jahre jüngere Frau F hat in der Ehezeit keine Versorgungsanrechte erworben und ein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit von 1.200 EUR mtl.

Wird die Rente von M gekürzt, dann hat er nach Abzug des Ausgleichswerts von 29,5275 EP nur noch eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 900 EUR sowie eine Rente aus seiner privaten Zusatzversorgung i.H.v. 200 EUR. Diese Rente würde nicht ausreichen, um den ohne den Versorgungsausgleich bestehenden Unterhaltsanspruch (Vorliegen eines Unterhaltstatbestands unterstellt) seiner Ex-Frau F von (2.200 – 1.200 EUR) : 2 = 500 EUR zu leisten, denn zieht man seinen Selbstbehalt von 1.200 EUR ab, bleibt nichts mehr für den Unterhalt übrig. Es findet deswegen eine Anpassung der Versorgungsausgleichsentscheidung i.H.d. ursprünglichen Unterhaltsbetrags statt. M erhält deswegen 500 EUR zusätzlich.

Das führt zu einem tatsächlichen Einkommen von M von 900 + 200 + 500 EUR, also insgesamt 1.600 EUR. Diesen Betrag muss man nun einer neuen Unterhaltsberechnung zugrunde legen. Die Differenz der beiderseitigen Einkommen liegt nun nur noch bei 1.600 – 1.200 EUR = 400 EUR, der geschuldete Unterhalt beläuft sich also nur noch auf 200 EUR. Das bedeutet, dass M von dem zusätzlichen Einkommen von 500 EUR, das er dadurch erzielt, dass die Kürzung seiner Versorgung ausgesetzt wird, als Unterhalt nur 200 EUR abgeben muss. Für ihn ist die Aussetzung der Kürzung seiner Versorgung also trotz der neuen Grenze weiterhin äußerst vorteilhaft.

 

Rz. 73

Der Vorteil, den der Ausgleichspflichtige unterhaltsrechtlich erzielt, kann die gesamte Aussetzung der Kürzung erfassen. Das kann dazu führen, dass der Ausgleichsberechtigte von dieser Zahlung nichts erhält.

 

Rz. 74

 

Beispiel

Der Ehemann M ist gerade mit 65 Jahren nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs Rentner geworden. Sein in der Ehezeit erworbenes Versorgungsanrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung (59,0551 EP) führt zu einer Rente von 1.800 EUR. Seine 20 Jahre jüngere Frau F hat in der Ehezeit keine Versorgungsanrechte erworben und ein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit von 1.200 EUR mtl.

Wird die Rente von M gekürzt, dann hat er nach Abzug des Ausgleichswerts von 29,5275 EP nur noch eine Rente i.H.v. 900 EUR. Diese Rente würde nicht ausreichen, um den ohne den Versorgungsausgleich bestehenden Unterhaltsanspruch (Vorliegen eines Unterhaltstatbestands unterstellt) von (1.800 – 1.200 EUR) : 2 = 300 EUR zu leisten. Es findet deswegen eine Anpassung der Versorgungsausgleichsentscheidung statt.

Die Anpassung erfolgt i.H.d. Unterhaltsanspruchs der Ex-Frau, hier also i.H.v. 300 EUR. Damit liegt das tatsächliche Einkommen, das M nach der Anpassung hat, bei 900 EUR plus 300 EUR, also insgesamt bei 1.200 EUR. Eine Differenz zwischen beiden Einkommen besteht nicht mehr, da auch F ein Einkommen von 1.200 EUR mtl. erzielt. Der Unterhaltsanspruch entfällt deswegen. Der Anpassungsbetrag von 300 EUR kommt ausschließlich dem Ausgleichspflichtigen zugute.

 

Rz. 75

Schwieriger zu berechnen sind die Fälle, in denen im Versorgungsausgleich auf beiden Seiten Anrechte übertragen und dann miteinander verrechnet worden sind, denn insoweit wird real nur eines der ...

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