Rz. 111

Bei der unentgeltlichen Übertragung von Privatvermögen handelt es sich nicht um ein Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 Abs. 1 S. 1 EStG. Werden weder Verbindlichkeiten übernommen noch eigene Leistungen seitens des Übernehmers erbracht, fehlt es an einem entgeltlichen Erwerb. Für Zwecke der Ermittlung der Aufwendungen im Rahmen der Absetzungen für Abnutzungen (AfA) tritt der Übernehmer in die Rechtsposition des Übergebers ein, § 11d EStDV.[280] Werden hingegen Gegenleistungen vereinbart, die Entgeltlichkeitscharakter haben (z.B. Abstandsgelder), verwirklicht der Erwerber eigene Anschaffungskosten. Er setzt diesbezüglich eine neue AfA-Reihe in Gang.

 

Rz. 112

Zu beachten ist eine eventuelle Einkommensteuerschuld aus einem Spekulationsgeschäft, § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Spekulationsfrist wurde durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 von zwei auf zehn Jahre verlängert.

§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG ordnet eine Rechtsnachfolge bei unentgeltlichen Rechtsgeschäften an, was bedeutet, dass dem Übernehmer die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger zugerechnet wird, wenn diese innerhalb der Zehnjahresfrist liegt. Erfolgt somit eine Veräußerung durch den Übernehmer vor Ablauf der Zehnjahresfrist, ist dieser Vorgang beim Übernehmer steuerbar. Allerdings ist auf die in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG geregelten Ausnahmen hinzuweisen. Danach kann eine Steuerpflicht vermieden werden, wenn der Steuerpflichtige das Objekt im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken nutzt.

 

Rz. 113

Erfolgt eine teilentgeltliche Übertragung, d.h. erbringt der Übernehmer Leistungen, die unterhalb des Verkehrswerts des Übergabeobjekts liegen, ist zu differenzieren:

 

Rz. 114

Die vom Übernehmer zu erbringenden Leistungen sind mit dem Verkehrswert, der ggf. durch einen Sachverständigen festzustellen ist, zu vergleichen. In dem prozentualen Verhältnis, in dem die Gegenleistung zum Verkehrswert steht, liegt eine entgeltliche Übertragung vor. Dies wiederum führt zu einem Veräußerungsgewinn beim Übergeber, sofern eine Übertragung an den Übernehmer innerhalb von zehn Jahren seit Anschaffung erfolgt. Der der Besteuerung unterliegende Veräußerungsgewinn wird wie folgt ermittelt:

Es erfolgt zunächst eine Ermittlung der auf den entgeltlichen Teil entfallenden Anschaffungs- und Herstellungskosten abzüglich zwischenzeitlich in Anspruch genommener Abschreibungen. Diesem Betrag ist der Veräußerungserlös, d.h. die Gegenleistungen des Übernehmers, gegenüberzustellen. Die Differenz stellt den steuerlichen Veräußerungsgewinn dar. Für den Übernehmer beginnt für den entgeltlichen Teil eine neue Veräußerungsfrist gem. § 23 Abs. 1 S. 1 EStG.[281] Dies bedeutet, dass der Übernehmer erst nach Ablauf von zehn Jahren ab Erwerb steuerfrei veräußern kann. Bezüglich des von ihm erworbenen unentgeltlichen Teils hingegen ist eine Veräußerung bereits zehn Jahre nach Anschaffung durch den Übergeber möglich. Es handelt sich vorstehend um die sogenannte Trennungsbetrachtung.[282] Diese beruht darauf, dass es sich bei Grundbesitz um einen teilbaren Gegenstand handelt.

 

Rz. 115

Als weitere Gegenleistung wird häufig die Zahlung von Gleichstellungsgeldern vereinbart. Hier ist zu beachten, dass diese, sofern die Zahlung länger als ein Jahr gestundet wird, auf den Barwert mit 5,5 %p.a. abzuzinsen sind.[283]

[280] J. Mayer/Geck, Der Übergabevertrag, § 17 Rn 162.
[281] Berechnungsbeispiel siehe J. Mayer/Geck, Der Übergabevertrag, § 17 Rn 163.
[282] BFH v. 5.7.1990, BStBl II 1990, 847; Krauß, Vermögensnachfolge, Rn 6918 ff. m.w.N.
[283] BFH BStBl II 1993, 298.

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