a) Allgemeine Leistungsstörungen

 

Rz. 74

Wie bei jedem Vertrag ist zu bedenken, dass der Vertragszweck aufgrund Fehlverhaltens eines Vertragspartners, insbesondere des Übernehmers, nicht erreicht werden kann. Das Interesse des Übergebers erfordert in diesen Fällen entweder eine Korrektur des Übergabevertrags oder gar dessen Rückgängigmachung.

 

Rz. 75

Soweit Schenkungsrecht anwendbar ist, kann eine Korrektur in den engen Grenzen des § 530 BGB (Widerruf der Schenkung wegen Verfehlungen) erfolgen. Soweit eine Zweckschenkung vorliegt und der Zweck nicht erreicht wird, sieht die überwiegende Rechtsprechung mit Zustimmung der Literatur § 812 Abs. 1 Alt. 2 BGB als Korrekturnorm an.[193] Gegenstimmen lösen das Problem über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB).[194]

 

Rz. 76

Es bleibt somit nur, auf die allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts zurückzugreifen (Ausnahme: Sondervorschriften der einzelnen Landesgesetzgeber). Die Praxis zeigt, dass dem Übergeber mit dem zur Verfügung stehenden gesetzlichen Instrumentarium häufig nicht wirksam geholfen werden kann. Es empfiehlt sich daher in jedem Falle, die Rechtsfolgen denkbarer Leistungsstörungen im Vorfeld einzelvertraglich zu regeln.

[193] BGH FamRZ 1994, 503; NJW-RR 1991, 54; OLG Karlsruhe NJW 1988, 3023; Ehmann, NJW 1973, 1035.
[194] OLG Oldenburg NJW 1994, 1539; NJW 1992, 1461; ausführliche Darstellung bei MüKo/Koch, § 525 Rn 8.

b) Vorsorge im Übergabevertrag

 

Rz. 77

Da der Typus des Übergabevertrags gesetzlich nicht geregelt ist, passen insbesondere die allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts nicht auf jeden Fall der Leistungsstörung. Insbesondere ist es häufig schwierig, festzustellen, welche Leistungen im Rahmen eines Übergabevertrags im Verhältnis synallagmatischer Verknüpfung stehen und welche nur einseitig sind. Es ist daher unbedingt anzuraten, für jeden Fall der Leistungsstörung eine entsprechende Korrektur vorzusehen.

 

Rz. 78

Die Kautelarpraxis hilft sich überwiegend mit der Vereinbarung von enumerativen Rücktrittsrechten oder Rückforderungsansprüchen. Will der Übergeber allerdings "auf Nummer sicher" gehen, dann wird er bei der Vertragsgestaltung auf Regelungen bestehen, die ihm die Rückgängigmachung des Vertrags ermöglichen, ohne dass besondere Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen. In der Praxis dürften derartige "Freibriefe" für den Übergeber allerdings eher die Ausnahme sein, da sich ein Übernehmer nur selten auf eine derart schwache Rechtsposition einlassen wird und zudem einkommensteuerrechtliche Probleme, insbesondere bei der Unternehmensnachfolge, entstehen können. Verbreitet ist demgemäß die Vereinbarung sogenannter enumerativer Rücktritts- bzw. Rückforderungsrechte. Diese werden häufig in folgenden Fällen vereinbart:

Tod des Übernehmers vor dem Tod des Übergebers, wobei eine Ergänzung dahin gehend erfolgen kann, dass das Rückforderungsrecht nur dann bestehen soll, wenn der Übernehmer ohne Hinterlassung von Abkömmlingen verstirbt bzw. das Übergabeobjekt im Falle des Todes des Übernehmers nicht auf leibliche Abkömmlinge übergeht.
Scheidung bzw. Wiederverheiratung des Übernehmers, es sei denn, zwischen dem Übernehmer und seinem Ehegatten besteht ein Ehevertrag, aus dem sich ergibt, dass das Übergabeobjekt bei einem etwaigen Zugewinnausgleich unberücksichtigt bleibt, d.h. entweder eine Gütertrennung oder eine modifizierte Zugewinngemeinschaft vereinbart wird.
Verfügungen des Übernehmers über das Vertragsobjekt, z.B. Belastung oder Veräußerung ohne vorherige schriftliche Zustimmung.
Einbringung des Übergabeobjekts in eine Gütergemeinschaft, es sei denn, das Übergabeobjekt wurde zum Vorbehaltsgut erklärt.
Überlassung des ganzen oder teilweisen Gebrauchs des Übergabeobjekts an Dritte ohne vorherige schriftliche Zustimmung.
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das Übergabeobjekt oder Insolvenz des Übernehmers.
Verletzung einzelvertraglicher Pflichten.
Vorliegen von Verfehlungen oder Pflichtteilsentziehungsgründen.

c) Leistungsstörungen, die keiner zu vertreten hat; Sonderproblem: Pflegeheim

 

Rz. 79

Regelungen für den Pflegefall sollten in den Übergabevertrag mit aufgenommen werden. Kommt es beispielsweise aufgrund ärztlicher Anordnung zur Unterbringung in einem Pflegeheim, sollte die Pflegeverpflichtung für diesen Fall ausgeschlossen werden. Gleichzeitig sollte klargestellt werden, dass sie wiederauflebt, wenn der Übergeber zurückkehren kann. Weiter kann geregelt werden, dass im Falle des Erlöschens der Pflegeverpflichtung Ersatzansprüche nicht ausgelöst werden.

Wurde zugunsten des Übergebers ein Wohnungsrecht vorbehalten, sollten ebenfalls Regelungen getroffen werden, was passieren soll, wenn der Übergeber nicht nur vorübergehend in einem Pflegeheim untergebracht wurde.

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