Rz. 18

Die Besonderheit des Fallbeispiels 1 besteht darin, dass der Ehemann der Pflegebedürftigen ein pensionierter Beamter ist. Beamte unterfallen nicht den allgemeinen Regeln der sozialen Sicherung. Für sie gilt das Alimentationsprinzip. Es "verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren".[4]

Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf Lebenslagen, die – wie bei der Pflegebedürftigkeit – einen erhöhten Bedarf begründen. Die Leistungen des Dienstherrn müssen den Beamten insgesamt in die Lage versetzen, auch im Falle von Krankheit und/oder Pflegebedürftigkeit einen amtsangemessenen Lebensstandard verwirklichen zu können.[5]

 

Rz. 19

Dabei ist zu beachten, dass die Alimentation unabhängig von sonstigem Einkommen oder Vermögen gewährt wird.

Zitat

"Dies gilt nicht nur für die Regelalimentation, sondern ebenso für die Alimentation in besonderen Lebenslagen. Deshalb dürfen Beamte oder Versorgungsempfänger weder bei der Beurteilung der Amtsangemessenheit des Lebensunterhalts nach Abzug der Pflegekosten noch bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Eigenvorsorge auf sonstiges Einkommen oder Vermögen verwiesen werden. Daher kann Beihilfe für krankheits- oder pflegebedingte Aufwendungen nicht mit der Begründung verneint werden, der Beamte oder Versorgungsempfänger müsse zunächst sein Vermögen einsetzen."[6]

 

Rz. 20

Nach geltendem Recht erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht in besonderen Lebenslagen durch die Gewährung von Beihilfen. Beihilfe tritt zur Eigenvorsorge des Beamten hinzu, um seine wirtschaftliche Lage in Fällen besonderer Belastung, z.B. durch Pflegebedürftigkeit, zu erleichtern.

Zitat

"Diese anlassbezogenen Leistungen sollen den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen."[7]

 

Rz. 21

Beamte haben auch nach ihrer aktiven Zeit einen Anspruch auf Beihilfe. Beihilfen werden auch für ihre berücksichtigungsfähigen Angehörigen gezahlt. Dazu gehören Ehegatten und Lebenspartner, aber auch behinderte Kinder – jeweils unter einer Reihe von Voraussetzungen.

a) Der angemessene Umfang der Freistellung eines Beamten von den Kosten der vollstationären Pflege

 

Rz. 22

Zur Beantwortung der oben aufgeworfenen Rechtsfragen muss man ermitteln, was der "angemessene Umfang" der Freistellung von den Kosten der Pflegebedürftigkeit ist. In der Folge einer Entscheidung des BVerwG[8] aus dem Jahr 2012 wurde die Angemessenheit für die Gewährung von Beihilfe bei Kosten der vollstationären Pflege von Beamten und ihren berücksichtigungsfähigen Angehörigen neu geregelt. Zusätzlich zu den Pflegekosten wurden die Kosten für Verpflegung, Unterkunft und Investitionskosten (UVI) in die Beihilferegelungen mit einbezogen.[9]

 

Rz. 23

"Blaupause" für die hiesige Darstellung ist § 39 Abs. 2 BBhV (Bundesbeihilfeverordnung). Man muss aber jeweils beachten, dass die Länder und Kommunen wenn auch vergleichbare, aber jeweils eigene Regelungen haben.

 

§ 39 Abs. 2 S. 1 BBhV

Rechnet die Pflegeeinrichtung monatlich ab, so sind auf besonderen Antrag Aufwendungen für Pflegeleistungen, die über die nach Absatz 1 beihilfefähigen Aufwendungen hinausgehen, sowie für Verpflegung und Unterkunft einschließlich der Investitionskosten beihilfefähig, sofern von den durchschnittlichen monatlichen nach Absatz 3 maßgeblichen Einnahmen höchstens ein Betrag in Höhe der Summe der folgenden monatlichen Beträge verbleibt:

1. 8 Prozent des Grundgehalts der Stufe 8 der Besoldungsgruppe A 13 für jede beihilfeberechtigte und jede berücksichtigungsfähige Person sowie für jede Ehegattin oder jeden Ehegatten oder für jede Lebenspartnerin oder jeden Lebenspartner, für die oder den ein Anspruch nach Absatz 1 oder nach § 43 Absatz 1, 2 und 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, [= stationäre Pflege]
2. 30 Prozent des Grundgehalts der Stufe 8 der Besoldungsgruppe A 13 für eine beihilfeberechtigte Person sowie für eine Ehegattin oder einen Ehegatten oder für eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner, für die oder den kein Anspruch nach Absatz 1 oder nach § 43 Absatz 1, 2 und 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, [= Fälle zu Hause]
3. 3 Prozent des Grundgehalts der Stufe 8 der Besoldungsgruppe A 13 für jedes berücksichtigungsfähige Kind, für das kein Anspruch auf Beihilfe nach Absatz 1 oder nach § 43 Absatz 1, 2 und 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, und
4. 3 Prozent des Grundgehalts der letzten Besoldungsgruppe für die beihilfeberechtigte Person.
 

Rz. 24

Beihil...

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