Rz. 10

Nutzungen oder Leistungen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren und sonstige Sachbezüge), sind "mit den üblichen Mittelpreisen" des Verbrauchsorts anzusetzen, § 15 Abs. 2 BewG. Bei der Ermittlung des Nießbrauchs am Haus und Grundbesitz ist von dem nachhaltig in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielbaren Reinertrag auszugehen, § 15 Abs. 3 BewG, also in erster Linie vom Unterschiedsbetrag zwischen den nachhaltig erzielbaren Mieteinnahmen und den nachhaltig zu erwartenden Bewirtschaftungskosten.[3] Die Ermittlung des zukünftigen Durchschnittsertrags auf der Grundlage des Durchschnittsertrags der dem Schenkungszeitpunkt vorangegangenen drei Jahre wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gebilligt.[4]

 

Rz. 11

Welche Parameter beim Nießbrauch an Einnahmen und Ausgaben bei der Ermittlung des Jahreswerts zu berücksichtigen sind, bestimmt sich nach der im Rahmen der Nießbrauchsbestellung getroffenen Vereinbarung (siehe Rdn 100>). Beim Regelfall, dem sog Nettonießbrauch, trägt der Nießbraucher die allgemeinen Kosten und Lasten, wie z.B. Grundsteuer oder Erschließungskosten, sowie die Kosten für außergewöhnliche Ausbesserungen, Erneuerungen und Modernisierungen sowie die Verkehrssicherungspflicht.

 

Rz. 12

Den Einnahmen – bei vermieteten Objekten die Nettokaltmiete, bei selbstgenutzten Immobilien ist Ausgangspunkt der marktübliche Mietzins – sind die vom Nießbraucher zu tragenden Ausgaben (insbesondere Grundsteuer, Versicherung, Müllabfuhr und Allgemeinkosten) sowie Instandhaltungskosten) gegenüberzustellen und der Ertrag der letzten drei Jahre zu mitteln. Die außerordentliche Aufwendungen – sofern sie wie üblicherweise vereinbart auch vom Nießbraucher zu tragen sind – bleiben bei der Ermittlung des Jahreswerts unberücksichtigt, da der Jahreswert gem. § 15 Abs. 3 BewG ein Durchschnittswert von schwankenden Nutzungen ist, bei dem außergewöhnliche Vorkommnisse (z.B. Dachsanierung) keine Rolle spielen können. Vergleichbar ist die Ermittlung mit der einkommensteuerlichen Behandlung von wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung durch die Finanzverwaltung (sog. 4. Rentenerlass):[5] Bei der Ertragsermittlung sind Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen sowie außerordentliche Aufwendungen, z.B. größere Erhaltungsaufwendungen, die nicht jährlich üblicherweise anfallen, den Erträgen hinzuzurechnen.

 

Rz. 13

Absetzungen für Abnutzungen (sog. Afa), die zwar als Werbungskosten im Rahmen der Ertragsbesteuerung der Mieteinkünfte absetzbar sind, erhöhen den Jahreswert, da diese (als Wertverlust des Objekts) nicht den Nießbraucher, sondern den Eigentümer betreffen (den Eigentümern entreichern).[6]

 

Rz. 14

Nach dem BFH ist der Jahreswert des Nießbrauchrechts unter Abzug der Schuldzinsen für die zum Zeitpunkt der Zuwendung bestehenden Darlehen (die mangels sofortiger Übernahme durch den Erwerber nicht erwerbsmindernd zu berücksichtigen sind) zu ermitteln, wenn die Schuldzinsen – wie üblich – vom Schenker als Nießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchsrechts aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung getragen werden.[7] In dem entschiedenen Fall hat der Beschenkte die auf dem dortigen Grundstück lastenden Verbindlichkeiten (unüblicherweise) auch persönlich übernommen, die Schuldzinsen wurden vom Schenker als Nießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchrechts aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung getragen. Übernimmt der Beschenkte die auf dem übertragenen Grundbesitz lastenden Verbindlichkeiten hingegen ausschließlich mit dinglicher Wirkung und ist der persönliche Schuldübergang auf den Beschenkten bis zum Erlöschen des Nießbrauchrechts aufschiebend bedingt, mindern die Zinsleistungen den Jahreswert nicht.[8] Vom Nießbraucher geleistete Tilgungsleistungen mindern den Jahreswert – jedenfalls beim Vorbehaltsnießbrauch – nicht. Stellt man auf die Bereicherung des Beschenkten ab, erhält dieser ein mit Nießbrauch belastetes Wirtschaftsgut.

 

Rz. 15

Einkommensteuerlasten bleiben bei der Ermittlung des Jahreswerts stets unberücksichtigt.[9]

 

Hinweis

Da es sich bei der Ermittlung des Jahreswerts i.S.d. § 15 Abs. 2 u. 3. BewG um eine Prognose für die Zukunft handelt, empfiehlt es sich beim vorbehaltenen Nießbrauch oder Wohnrecht – schon aus Praktikabilitätsgründen – gegenüber dem Finanzamt die volle Nettokaltmiete zu erklären, eine etwaige Reduzierung auf den Reinertrag allerdings ebenfalls zu berechnen.

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