Rz. 161

G1, der in Anspruch genommene Großvater väterlicherseits, haftet jedoch nicht alleine.

Es besteht grds. auch eine Haftung der übrigen Großelternteile.

Denn beide Elternteile sind (bezüglich der 186,50 EUR) leistungsunfähig, so dass ein Fall des § 1607 Abs. 1 BGB vorliegt.

 

Hinweis

Für § 1607 Abs. 1 (Leistungsunfähigkeit) ist es einhellige Meinung, dass alle Großeltern – egal ob väter- oder mütterlicherseits – haften.

Für § 1607 Abs. 2 (Rechtsverfolgungsschwierigkeiten, bspw. der Vater entzieht sich trotz Leistungsfähigkeit seiner Zahlungspflicht) befürwortet der BGH ebenfalls eine Haftung aller Großeltern. Hiergegen wendet sich FA-FamR/Seiler, Kapitel 6, Rn 509: es sollen nur die Eltern des sich der Unterhaltspflicht entziehenden Kindsvaters haften, also nur die Großeltern väterlicherseits.

Die Großelternteile haften untereinander gleichrangig, allerdings nur entsprechend ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen.

 

§ 1606 Rangverhältnisse mehrerer Pflichtiger

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

Es hat eine Berechnung der Haftungsanteile zu erfolgen, wie sie vom Volljährigenunterhalt bekannt ist, wobei den Großeltern gegenüber dem Enkelkind ein höherer Selbstbehalt zusteht.

 

SüdL

21.3.4 Gegenüber Großeltern/Enkel beträgt der Selbstbehalt mindestens 2.000 EUR.

2.000 EUR ist nur der Mindestselbstbehalt gegenüber Enkeln. Wie beim Elternunterhalt kann das Einkommen, das den Betrag von 2.000 EUR übersteigt, zur Hälfte dem Selbstbehalt zugeschlagen werden.

 

SüdL

21.3.3 Gegenüber Eltern beträgt er mindestens 2.000 EUR. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 700 EUR enthalten. Zusätzlich bleibt die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden, bereinigten Einkommens anrechnungsfrei, bei Vorteilen aus dem Zusammenleben in der Regel 45 % des diesen Mindestbetrag übersteigenden, bereinigten Einkommens.

Vom BGH wurde diese Frage des Selbstbehalts über 2.000 EUR hinaus zunächst offen gelassen:

 

BGH, Urt. v. 8.6.2005 – XII ZR 75/04 Rn 27

Auf die Frage, ob Großeltern das nach Abzug des Selbstbehalts verbleibende bereinigte Einkommen grundsätzlich nur zur Hälfte für den Unterhalt von Enkeln einzusetzen haben oder ob dies nur im Verhältnis zu volljährigen Enkeln gilt (so OLG Koblenz a.a.O.), kommt es im vorliegenden Fall nicht an.

Nunmehr hat sich der BGH für einen solchen (hohen) Selbstbehalt – jedenfalls für die meisten praktischen Fälle – ausgesprochen:

 

BGH, Beschl. v. 27.10.2021– XII ZB 123/21 Rn 27

Nach der Rechtsprechung des Senats, die auch die Auswirkungen des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB in den Blick nimmt, können Großeltern gegenüber ihren Enkeln als angemessenen Selbstbehalt den Betrag verteidigen, der auch erwachsenen Kindern gegenüber Eltern zugebilligt wird.

Denn eine Inanspruchnahme wird in der Regel erst stattfinden, wenn der Unterhaltsverpflichtete sich selbst bereits in einem höheren Lebensalter befindet, seine Lebensverhältnisse demzufolge bereits längerfristig seinem Einkommensniveau angepasst hat, Vorsorge für sein eigenes Alter treffen möchte oder sogar bereits Rente bezieht und sich dann einer Unterhaltsforderung ausgesetzt sieht, für die nach der natürlichen Generationenfolge die Eltern aufzukommen haben und für die er deshalb nur nachrangig haftet (vgl. Senatsurteile vom 20.12.2006 – XII ZR 137/04, FamRZ 2007, 375, 376; vom 3.5.2006 – XII ZR 35/04, FamRZ 2006, 1099 f. und vom 8.6.2005 – XII ZR 75/04, FamRZ 2006, 26, 28).

G 1 kann also 100 EUR für den Enkelunterhalt einsetzen (2.200 – 2.000 – ½ aus 200 EUR).

G 2 kann 200 EUR für den Enkelunterhalt einsetzen (2.400 – 2.000 – ½ aus 400 EUR).

Haftungsanteil G1: 100 × 186,50 (Restbedarf von K) : (100 + 200 EUR) = 62 EUR

Haftungsanteil G2: 200 × 186,50 (Restbedarf von K) : (100 + 200 EUR) = 124 EUR

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