Rz. 89

M bleiben 709 EUR (1.400 – 345,50 – 345,50 EUR); sein notwendiger Selbstbehalt von 1.160 EUR (vgl. hierzu Fall 3, siehe Rdn 30 ff.) ist nicht gewahrt (zum notwendigen Selbstbehalt s. Nr. 21.2 der im Einzelfall anzuwendenden Leitlinien bzw. Nr. 21.2 der SüdL Anhang Nr. 2).

 

Rz. 90

Es ist ein Mangelfall gegeben, weil das Einkommen des M nicht ausreicht, alle gleichrangigen Unterhaltsansprüche zu erfüllen.

Eine gesetzliche Regelung besteht nur für die Verteilung zwischen Unterhaltsberechtigten mit unterschiedlichem Rang bzw. für die Verteilung aufgrund des Ranges. Nicht geregelt ist die Verteilung bei Gleichrang der Unterhaltsberechtigten.

 

BGH, Beschl. v. 22.5.2019 – XII ZB 613/16 Rn 22

Treffen den Unterhaltsschuldner als sonstige Verpflichtungen mehrere Unterhaltsverpflichtungen, besteht eine Rangfolge unter diesen nur nach Maßgabe des § 1609 BGB (Staudinger/Klinkhammer, BGB [2018], § 1603 Rn 200; Wendl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 5 Rn 120 ff.; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn 37 zu § 1581 BGB).

Nicht geregelt ist in § 1609 BGB dagegen, wie die für die Unterhaltsleistungen zur Verfügung stehenden Mittel unter den Unterhaltsberechtigten zu verteilen sind, wenn sie – wie hier (jedenfalls bis November 2018; vgl. im Übrigen § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) alle minderjährigen Kinder des Antragsgegners gemäß § 1609 Nr. 1 BGB – auf derselben Rangstufe stehen.

Die Verteilungsmasse ist entsprechend dem Bedarf der Kinder auf die Kinder zu verteilen.

 

BGH, Beschl. v. 22.5.2019 – XII ZB 613/16 Rn 22

Die einzelnen Ansprüche beschränken sich dabei gemäß § 1603 Abs. 2 BGB gegenseitig, sodass sie verhältnismäßig gekürzt werden müssen (Staudinger/Klinkhammer, BGB [2018], § 1603 Rn 200, § 1609 Rn 25; Soergel/Lettmaier, BGB, 13. Aufl., § 1609 Rn 9; Wendl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 5 Rn 155 ff.). Diese Kürzung erfolgt grundsätzlich proportional zu dem Unterhaltsbedarf der einzelnen Bedürftigen. Danach ist also zunächst zu prüfen, welcher Unterhaltsanspruch jedem Berechtigten bei voller Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zustehen würde. Sodann ist jeder Anspruch in dem Verhältnis zu kürzen, in dem die verfügbaren Mittel zu der Summe aller Ansprüche stehen (Staudinger/Klinkhammer, BGB [2018], § 1609 Rn 26).

Ein grundsätzlich bestehender Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes kann und muss aber in Fällen des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB bei der Mangelfallberechnung außer Betracht bleiben, wenn und soweit der Unterhaltsanspruch vom Unterhaltspflichtigen (z.B. wegen Verjährung oder Verwirkung) nicht mehr erfüllt werden muss.

 

BGH, Beschl. v. 29.1.2020 – XII ZB 580/18

Müssen von konkurrierenden gleichrangigen Kindesunterhaltsverpflichtungen einzelne gemäß § 1613 Abs. 1 BGB nicht mehr erfüllt werden, steht das dadurch freigewordene Einkommen des Unterhaltspflichtigen im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB für anderweitigen Mindestkindesunterhalt zur Verfügung (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 22.5.2019 – XII ZB 613/16, FamRZ 2019, 1415).

Im Fallbeispiel sind jedoch beide Unterhaltsansprüche zu berücksichtigen.

Bedarf und somit Einsatzbetrag ist bei der Mangelfallberechnung der Zahlbetrag (vgl. C der DT, wo auch ein Berechnungsbeispiel für den Fall unterschiedlicher Zahlbeträge dargestellt ist.)

 

SüdL

24. Mangelfall

24.1 Ein absoluter Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche der Kinder nicht ausreicht. Zur Feststellung des Mangelfalls entspricht der einzusetzende Bedarf für minderjährige und diesen nach § 1603 II 2 BGB gleichgestellten Kindern dem Zahlbetrag, der aus der ersten Einkommensgruppe entnommen werden kann.

24.2 (…)

24.3 (…)

Die prozentuale Kürzung berechnet sich nach der Formel:

K = V: S × 100

K = prozentuale Kürzung

S = Summe der Einsatzbeträge aller Berechtigten

V = Verteilungsmasse (Einkommen des Verpflichteten abzüglich Selbstbehalt)

24.4 Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gewonnene Ergebnis ist auf seine Angemessenheit zu

überprüfen.

24.5 Rechenbeispiel zum absoluten Mangelfall, vgl. Anhang 2 Nr. 2.2

Vgl. auch Nr. 24 der im Einzelfall anzuwendenden Leitlinien.

 

Rz. 91

Verteilungsmasse sind hier 240 EUR (1.400 – 1.160 EUR). Nachdem der Bedarf der beiden Kinder hier gleich hoch ist, nämlich jeweils 345,50 EUR, entfällt auf jedes Kind die Hälfte der Verteilungsmasse, also 120 EUR.

Der Rechenweg (bei unterschiedlichem Bedarf) lautet:

prozentuale Kürzung = 240 EUR : (345,50 + 345,50 EUR) × 100 = (ca.) 35 %

prozentuale Kürzung = 35 %

Mit den zur Verteilung vorhandenen 240 EUR sind also nur ca. 35 % der erforderlichen Mittel vorhanden. Es können also nur 35 % der errechneten Unterhaltszahlbeträge geleistet werden.

35 % von 345,50 EUR sind (ca.) 120 EUR.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge