Rz. 151

Das Berufungsgericht war der Auffassung, der Kläger könne nur den Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt verlangen, denn eine Reparatur seines Motorrades sei objektiv unwirtschaftlich gewesen. Die Reparaturkostenrechnung der Firma M. weise als Zwischensumme exakt den Betrag aus, den der Sachverständige geschätzt habe und der den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30 % übersteige. Dieser Betrag repräsentiere nach objektiven Kriterien die erforderlichen Kosten einer fachgerechten Reparatur. Unerheblich sei, dass die Reparaturwerkstatt dem Kläger einen – nicht näher spezifizierten bzw. begründeten Rabatt – gewährt habe.

Die Revision hatte keinen Erfolg. Die Klage war unbegründet.

 

Rz. 152

Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur – wie hier – mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurt. v. 15.10.1991 – VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff. und v. 10.7.2007 – VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn 6).

 

Rz. 153

Ob der Geschädigte, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, gleichwohl Ersatz von Reparaturkosten verlangen kann, hat der erkennende Senat in seinem Urteil v. 10.7.2007 noch offen gelassen (vgl. Senatsurt. v. 10.7.2007 – VI ZR 258/06, a.a.O. Rn 7). Für den Fall, dass zwar die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 %-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber – auch durch Verwendung von Gebrauchtteilen – gelungen ist, eine fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, hat der erkennende Senat entschieden, dass aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots dem Geschädigten eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden kann (Senatsurt. v. 14.12.2010 – VI ZR 231/09).

 

Rz. 154

Der Geschädigte, der sein beschädigtes Kraftfahrzeug instand gesetzt hat, obwohl ein Sachverständiger die voraussichtlichen Kosten der Reparatur auf einen den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30 % übersteigenden Betrag geschätzt hat, kann den Ersatz von Reparaturkosten aber nur dann verlangen, wenn er nachweist, dass die tatsächlich durchgeführte Reparatur, sofern diese fachgerecht und den Vorgaben des Gutachtens entsprechend ausgeführt worden ist, wirtschaftlich nicht unvernünftig war. Ob dies der Fall ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung (§ 287 ZPO).

 

Rz. 155

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger diesen Nachweis nicht geführt habe, hielt revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die vom Kläger vorgelegte Reparaturkostenrechnung bestätigte die Höhe der vom Sachverständigen objektiv für erforderlich gehaltenen Reparaturkosten. Da diese die 130 %-Grenze weit überschritten, war die Instandsetzung des Fahrzeugs wirtschaftlich unvernünftig. Eine andere Beurteilung war nicht schon deshalb geboten, weil die Firma M. dem Kläger einen erheblichen Rabatt gewährt hatte, demzufolge der Rechnungsendbetrag knapp unter der 130 %-Grenze lag. Das Berufungsgericht hatte mit Recht näheren Vortrag des Klägers dazu vermisst, worauf die Gewährung dieses Nachlasses zurückzuführen war. Ohne Kenntnis dieses Umstandes ließ sich die Frage der Wirtschaftlichkeit nicht beurteilen. Da der Kläger die Umstände der Rabattgewährung nicht näher erläutert hatte, war die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die Wirtschaftlichkeit der erfolgten Instandsetzung des Motorrades sei nicht nachgewiesen, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

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