Rz. 143

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg, soweit das Berufungsgericht der Klägerin weitere Reparaturkosten in Höhe von 720,30 EUR zugesprochen hatte.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne über die bereits ersetzten Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 EUR hinaus von der Beklagten die Erstattung weiterer Reparaturkosten in Höhe von 720,30 EUR verlangen, stand nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats. Insoweit begehrte die Klägerin den Ersatz fiktiver Reparaturkosten in Höhe von bis zu 130 % des vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswerts, obwohl für die tatsächlich durchgeführte Reparatur nur Kosten in Höhe von 2.139,70 EUR angefallen waren. Nach der Rechtsprechung des Senats können jedoch Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs liegen, bis zur sogenannten 130 %-Grenze nur verlangt werden, wenn sie tatsächlich angefallen sind und die Reparatur fachgerecht und zumindest wertmäßig in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin war damit nicht die generelle Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung bis zur 130 %-Grenze eröffnet. Die Klägerin konnte mithin über die bereits gezahlten konkret angefallenen Reparaturkosten hinaus nicht den Ersatz weiterer Reparaturkosten verlangen.

 

Rz. 144

Die Revision war auch nicht deswegen begründet, weil die Beklagte gegen den Anspruch auf Zahlung weiterer Nutzungsausfallentschädigung die Aufrechnung mit überzahlten Reparaturkosten erklärt hatte. Die Klägerin hatte im Streitfall nämlich nicht nur einen Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands in Höhe von 1.400 EUR; ihr stand vielmehr der Ersatz der von der Beklagten gezahlten Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 EUR zu.

 

Rz. 145

Zwar ist die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur – wie hier – mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurt. v. 15.10.1991 – VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff.; v. 10.7.2007 – VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn 6). In seinem Urteil v. 10.7.2007 a.a.O. Rn 7 hat der Senat offen gelassen, ob der Geschädigte gleichwohl Ersatz von Reparaturkosten verlangen kann, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat.

 

Rz. 146

Im Streitfall überstiegen die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 EUR selbst bei Berücksichtigung eines nach der Reparatur verbleibenden Minderwerts von 50 EUR den vom vorgerichtlichen Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert nicht. Jedenfalls unter solchen Umständen, bei denen zwar die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 %-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber – auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen – gelungen ist, eine nach Auffassung des sachverständig beratenen Berufungsgerichts fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, kann ihm aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden. Die entsprechende Bewertung des Berufungsgerichts, welche in Einklang mit dem Gutachten des Gerichtssachverständigen und der Stellungnahme des vorgerichtlichen Sachverständigen stand, bewegte sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO und ließ keine Rechtsfehler erkennen. Der Klägerin standen mithin die konkret angefallenen Kosten der Reparatur zu, die seitens der Beklagten bereits erstattet worden waren.

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