Rz. 238

Die in einem Mitgliedstaat, der nicht durch das Haager Protokoll von 2007 (HUntProt, siehe Rdn 279 ff.) gebunden ist, ergangenen Entscheidungen werden nach Art. 23 Abs. 1 EU-UnterhaltsVO in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt (Anerkennung), ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Bildet die Frage, ob eine Entscheidung anzuerkennen ist, als solche den Gegenstand eines Streites, so kann gem. Art. 23 Abs. 2 EU-UnterhaltsVO jede Partei, welche die Anerkennung geltend macht, in dem Verfahren nach diesem Abschnitt 2 der EU-UnterhaltsVO die Feststellung beantragen, dass die Entscheidung anzuerkennen ist. Wird die Anerkennung in einem Rechtsstreit vor dem Gericht eines Mitgliedstaates, dessen Entscheidung von der Anerkennung abhängt, verlangt, so kann dieses Gericht über die Anerkennung entscheiden (Art. 23 Abs. 3 EU-UnterhaltsVO).

 

Rz. 239

Eine Entscheidung wird nach Art. 24 EU-UnterhaltsVO nicht anerkannt (Gründe für die Versagung der Anerkennung),

wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaates, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich widersprechen würde. Die Vorschriften über die Zuständigkeit gehören nicht zur öffentlichen Ordnung (ordre public) (lit. a);
wenn dem Antragsgegner, der sich in dem Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Antragsgegner hat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte (lit. b);
wenn sie mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist (lit. c); bzw.
wenn sie mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat zwischen denselben Parteien in einem Rechtsstreit wegen desselben Anspruchs ergangen ist, sofern die frühere Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem Mitgliedstaat erfüllt, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird (lit. d).
 

Rz. 240

Eine Entscheidung, die bewirkt, dass eine frühere Unterhaltsentscheidung aufgrund geänderter Umstände geändert wird, gilt nicht als unvereinbare Entscheidung i.S.v. Art. 24 lit. c oder d EU-UnterhaltsVO.

 

Rz. 241

Das Gericht eines Mitgliedstaates, vor dem die Anerkennung einer Entscheidung geltend gemacht wird, die in einem Mitgliedstaat ergangenen ist, der nicht durch das Haager Protokoll von 2007 (HUntProt, siehe Rdn 279 ff.) gebunden ist, setzt nach Art. 25 EU-UnterhaltsVO (Aussetzung des Anerkennungsverfahrens) das Verfahren aus, wenn die Vollstreckung der Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat wegen der Einlegung eines Rechtsbehelfs einstweilen eingestellt ist.

 

Rz. 242

Eine Entscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist, der nicht durch das Haager Protokoll von 2007 (HUntProt, siehe Rdn 279 ff.) gebunden ist, die in diesem Staat vollstreckbar ist, wird in einem anderen Mitgliedstaat gem. Art. 26 EU-UnterhaltsVO (Vollstreckbarkeit) vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden ist.

 

Rz. 243

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist nach Art. 27 Abs. 1 EU-UnterhaltsVO an das Gericht oder an die zuständige Behörde des Vollstreckungsmitgliedstaates zu richten, das bzw. die der Kommission von diesem Mitgliedstaat gem. Art. 71 EU-UnterhaltsVO notifiziert wurde. Die örtliche Zuständigkeit wird durch den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der Partei, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll, oder durch den Ort, an dem die Vollstreckung durchgeführt werden soll, bestimmt (Art. 27 Abs. 2 EU-UnterhaltsVO).

 

Rz. 244

Sobald die in Art. 28 EU-UnterhaltsVO im Detail vorgesehenen Förmlichkeiten erfüllt sind, spätestens aber 30 Tage, nachdem diese Förmlichkeiten erfüllt sind, es sei denn, dies erweist sich aufgrund außergewöhnlicher Umstände als nicht möglich, wird die Entscheidung nach Art. 30 EU-UnterhaltsVO (Vollstreckbarerklärung) für vollstreckbar erklärt, ohne dass eine Prüfung gem. Art. 24 EU-UnterhaltsVO erfolgt. Die Partei, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll, erhält in diesem Abschnitt des Verfahrens keine Gelegenheit, eine Erklärung abzugeben.

 

Rz. 245

Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung kann jede Partei nach Art. 32 EU-UnterhaltsVO (Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über den Antrag) einen Rechtsbehelf einlegen. Der Rechtsbehelf wird bei dem Gericht eingelegt, das der betreffende Mitgliedstaat der Kommission nach Art. 71 EU-UnterhaltsVO notifiziert hat. Über den Rechtsbehelf wird nach den Vorschriften entschieden, die für Verfahren mit beiderseitigem rechtlichen Gehör maßgebend sind. Lässt sich die Partei, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll, in dem Verfahren vor dem mit dem Rechtsbehelf des Antragstellers befassten Gericht nicht ein, so ist Art. 11 EU-Unterhalts...

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