Rz. 15

Die obenstehenden Ausführungen verdeutlichen bereits, dass es eine klare Linie zwischen "freier" Erbringung von Dienstleistungen einerseits und weisungsgebundener, fremdbestimmter Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit andererseits nicht gibt. Oftmals deuten einige Indizien in Richtung eines Arbeitsverhältnisses, andere sprechen dagegen. Die Abgrenzung kann daher in der Praxis bisweilen große Schwierigkeiten bereiten.[19] Daran hat auch § 611a BGB nichts geändert, der den Rechtsanwender letztlich weiterhin vor die Aufgabe stellt, anhand einer Gesamtbetrachtung[20] aller Umstände unter besonderer Einbeziehung der von der Rechtsprechung für maßgeblich erklärten Indizien und Berücksichtigung der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu bestimmen, ob eine bestimmte Tätigkeit den für ein Arbeitsverhältnis typischen Grad persönlicher Abhängigkeit aufweist oder nicht (§ 611a Abs. 1 S. 4 und S. 5 BGB).

Zu beachten ist dabei letztlich auch, dass es nach § 611a Abs. 1 S. 6 BGB für die Abgrenzung im Zweifel nicht auf die Bezeichnung des Vertragsverhältnisses oder die subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien, sondern vielmehr auf die tatsächlich gelebte Praxis ankommt. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, so soll Letztere ausschlaggebend sein.[21] Vereinfacht ausgedrückt: Ein Arbeitsverhältnis wird nicht nur deshalb zu einem freien Dienstverhältnis, weil es – etwa im Vertragstext – von den Parteien so bezeichnet wird.[22]

[19] Eine Vielzahl von Einzelfällen findet sich bei Schaub/Vogelsang, § 8 Rn 48.
[20] Eine Übersicht zu den insoweit zu berücksichtigenden Kriterien findet sich bei Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, 1. Kapitel Rn 14.
[22] Siehe auch unter Rdn 3.

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