Rz. 27

Handelt es sich beim verwendeten Messgerät um ein standardisiertes Messverfahren, so ist die nächste Frage, ob dieses auch standardmäßig durchgeführt wurde. Das setzt neben einer ordnungsgemäßen und noch gültigen Eichung des Messgeräts, wie oben dargelegt, insbesondere die Einhaltung der Gebrauchsanweisung durch das Messpersonal bei Gerätetest und bei der eigentlichen Messung voraus.

 

Rz. 28

Eine korrekte amtliche Messung setzt demnach Folgendes voraus:

Das Messgerät muss über eine Innerstaatliche Bauartzulassung/Konformitätsbewertung verfügen, welche auch die Eichfähigkeit des Messgeräts bedingt. Bei konformitätsbewerteten Messgeräten ist auch eine Konformitätserklärung des Herstellers notwendig.
Das Messgerät muss zum Tatzeitpunkt gültig geeicht sein. Dabei darf das Messgerät in seiner Zusammensetzung nicht von den Vorgaben des Zulassungsscheins abweichen.
Eichamtliche Sicherungen (wie Sicherungsmarken und Eichplomben) müssen unverletzt sein.
Abhängig vom verwendeten Messgerät muss sowohl der Messbeamte als auch gegebenenfalls der auswertende Beamte eine entsprechende Schulung nachweisen. Ist dies, wie bei älteren Geräten, nach der Gebrauchsanweisung nicht erforderlich, hat der Messbeamte ein durch Einsatzerfahrung erlangtes Fachwissen nachzuweisen (vom Gericht nachzufragen).
Bei Auswahl des Messplatzes ist die Gebrauchsanweisung zu beachten. Aufbau und Betrieb des Messgerätes richten sich ebenfalls nach der Gebrauchsanweisung. Für eine korrekte Messwertzuordnung, die Fahrereigenschaft und die Identität des amtlichen Kennzeichens sind die messrelevanten Bereiche umfassend fotografisch abzubilden. Verfügt das Messgerät nicht über eine Aufnahmeeinheit, muss die Fahrereigenschaft und die korrekte Messwertzuordnung vor Ort geklärt werden.
Der verbindliche Nachweis über die Verwendung eines gültig geeichten Messgeräts, den Messzeitraum und die Angaben zum Messbeamten ist nur durch die Fertigung eines Messprotokolls zu führen. Dieses soll auch eine Übersicht über die Messörtlichkeit wiedergeben und die Besonderheiten des Messbetriebes (nach den jeweiligen Anforderungen der entsprechenden Gebrauchsanweisungen) dokumentieren.
Abbruch der Messung durch den Beamten bei Feststellungen technischer Unregelmäßigkeiten.
Nicht eindeutige Messkonstellationen dürfen nicht zur Anzeige gebracht werden.
Der Verwender hat Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe am Messgerät zu führen und aufzubewahren (Lebensakte). Von dieser Pflicht sind auch elektronisch vorgenommene Maßnahmen erfasst (§ 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG).
 

Rz. 29

Aufgabe der Verteidigung ist es hier durch Prüfung der Akten (Messprotokoll etc.) und Befragung der Messbeamten die Einhaltung der Vorgaben der Gebrauchsanweisung sicherzustellen. An dieser Stelle kann es jedoch zu Schwierigkeiten kommen. Zunächst einmal müsste sichergestellt sein, dass die Gebrauchsanweisungen der Hersteller auch unproblematisch für den Anwalt zugänglich sind. Dies ist in der Praxis häufig nicht der Fall. Die Hersteller der Geräte halten diese zurück. Ob diese Praxis rechtsstaatlich ist, kann bezweifelt werden. So ist zwar die Einhaltung der Vorgaben der Gebrauchsanweisungen unstreitig eine erhebliche Voraussetzung für die Einordnung der Messung als standardisiertes Messverfahren, was zur Folge hat, dass den Messergebnissen die Qualität eines Anscheinsbeweises zugesprochen wird. Die Einhaltung der Vorgaben ist durch den Anwalt jedoch nicht überprüfbar, wenn er die Voraussetzungen für einen standardgemäße Durchführung der Messung nicht kennt, da er sie nicht in der maßgeblichen Quelle, nämlich der Gebrauchsanweisung des Herstellers nachschlagen kann.

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