a) Die Güterstandsabhängigkeit des Pflichtteils

 

Rz. 16

Da bei Versterben eines Ehegatten/eingetragenen Lebenspartners sich das Erbrecht in Abhängigkeit vom Güterstand des Verstorbenen bestimmt (§ 1371 Abs. 1 BGB, § 6 S. 2 LPartG), variiert insoweit die Pflichtteilsquote der Pflichtteilsberechtigten je nachdem, welcher Güterstand bestand. Siehe dazu auch die Tabelle nach § 3 Rdn 53.

 

Praxishinweis

Die Abhängigkeit der Erb- und Pflichtteilsquoten vom Güterstand hat nicht nur Auswirkungen für den überlebenden Ehegatten/Lebenspartner, sondern auch auf die Pflichtteilsquote der anderen Pflichtteilsberechtigten ("Fernwirkung").

 

Rz. 17

Soweit ein überlebender Ehegatte/Lebenspartner vorhanden ist, muss mithin stets ermittelt werden, welcher Güterstand im Zeitpunkt des Erbfalls galt. Die Änderung des Güterstands beruht i.d.R. auf einem notariell beurkundeten Ehevertrag.

b) Gütergemeinschaft

 

Rz. 18

Bestand Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB), so beträgt der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten neben Abkömmlingen ⅛ (§ 1931 Abs. 1 S. 1 BGB), neben den Verwandten der zweiten Erbordnung oder Großeltern ¼.[35] Zu beachten ist, dass hier verschiedene Vermögensmassen bestehen: Am Gesamtgut sind beide Ehegatten wirtschaftlich zur Hälfte beteiligt, während sein Sonder- und Vorbehaltsgut dem Verstorbenen alleine zustand.

[35] Zu den Quoten neben anderen Verwandten etwa Staudinger/Otte, § 2303 Rn 47 ff.

c) Gütertrennung

 

Rz. 19

Bei Gütertrennung ist § 1931 Abs. 4 BGB mit den flexiblen Erbquoten zu beachten. Danach beträgt die Pflichtteilsquote des Ehegatten neben einem Kind ¼, neben zwei Kindern 1/6 und neben drei und mehr Kindern je ⅛.

d) Zugewinngemeinschaft

 

Rz. 20

§ 2303 Abs. 2 S. 2 BGB erklärt ausdrücklich, dass § 1371 BGB unberührt bleibt. Der vom gesetzlichen Erbteil ausgeschlossene Ehegatte, der weder Erbe wurde noch ein Vermächtnis erhielt, kann daher den sog. kleinen Pflichtteil verlangen, dessen Höhe sich durch die Halbierung des nicht erhöhten gesetzlichen Ehegattenerbteils (§ 1931 Abs. 1 BGB) errechnet. Neben den Erben erster Ordnung erhält er also einen Pflichtteil von ⅛.

 

Rz. 21

Daneben hat er noch den Anspruch auf den rechnerisch genauen Zugewinnausgleich (§ 1371 Abs. 2 BGB), der gem. §§ 1373 ff. BGB nach den güterrechtlichen Grundsätzen (also nicht pauschal) geltend zu machen und zu berechnen ist[36] und im Rang vor den Pflichtteilsansprüchen der anderen Pflichtteilsberechtigten liegt (§ 327 InsO).[37] Dies ist die sog. güterrechtliche Lösung. Ein Wahlrecht, statt diesem kleinen Pflichtteil und dem rechnerischen Zugewinnausgleich den sog. großen Pflichtteil zu verlangen, hat der Ehegatte bei der güterrechtlichen Lösung jedoch nicht.[38]

 

Rz. 22

Wird der Ehegatte des Verstorbenen jedoch Erbe oder zumindest Vermächtnisnehmer, so steht ihm der nach § 1371 Abs. 1 BGB um ein Viertel erhöhte gesetzliche Erbteil zu, so dass die Pflichtteilsquote neben Abkömmlingen ¼, neben Eltern ⅜ ist (sog. großer Pflichtteil).[39] Dies wird auch die erbrechtliche Lösung genannt.

 

Rz. 23

Dieser große Pflichtteil des Ehegatten hat für diesen selbst Bedeutung:[40]

soweit es um eigene Pflichtteilsansprüche des Ehegatten in den Fällen der §§ 2305, 2306 und 2307 BGB geht;
soweit es sich um Pflichtteilsergänzungsansprüche des Ehegatten handelt (§§ 2325, 2329 BGB);
bei den Regelungen der §§ 2318, 2319 und 2328 BGB.
 

Rz. 24

Auch hier ist immer auf die Fernwirkung der Zugewinngemeinschaft für die anderen Erb- und Pflichtteilsquoten mit ihren beiden Lösungsmöglichkeiten (erbrechtliche oder güterrechtliche) zu achten.

[36] Siehe dazu die Kommentierungen zu § 1371 BGB.
[37] BGHZ 37, 58, 64, 66; BGH DNotZ 1983, 187, 188; Klingelhöffer, ZEV 1995, 444, 445.
[38] Palandt/Brudermüller, § 1371 Rn 15.
[39] BGHZ 37, 58.
[40] Palandt/Weidlich, § 2303 Rn 16.

e) Wahl-Zugewinngemeinschaft

 

Rz. 25

Der Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft wurde durch das Abkommen vom 4.2.2010 über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik geschaffen.[41] Das Abkommen wurde in § 1519 S. 1 BGB in das BGB integriert. Der Güterstand gleicht in familienrechtlicher Hinsicht in weiten Teilen dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.[42] In erbrechtlicher Hinsicht bestehen zwischen der Wahl-Zugewinngemeinschaft und der Zugewinngemeinschaft jedoch gravierende Unterschiede:[43]

 

Rz. 26

Bei der Wahl-Zugewinngemeinschaft endet der Güterstand nach Art. 7 WahlZugAbk mit dem Tod eines Ehegatten. Eine pauschale Erhöhung des gesetzlichen Erbrechts um ¼, wie sie in § 1371 Abs. 1 BGB für die Zugewinngemeinschaft normiert wurde, existiert für die Wahl-Zugewinngemeinschaft nicht.[44] Das Ehegattenerbrecht beläuft sich mithin neben Verwandten der ersten Erbordnung auf ¼ und neben Verwandten der zweiten Erbordnung auf ½ (§ 1931 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Pflichtteilsquote des Ehegatten beläuft sich neben Abkömmlingen auf ⅛ und neben Verwandten der zweiten Erbordnung auf ¼.

 

Rz. 27

Der Zugewinn wird bei der Wahl-Zugewinngemeinschaft neben dem gesetzlichen Erbrecht ausschließlich rechnerisch ausgeglichen.[45] Hat der längerlebende Ehegatte den geringeren Zugewinn erzielt,...

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