Rz. 71

Vereinbarungen betreffen das generelle Grundverhältnis der Wohnungseigentümer zueinander. Ihre Gesamtheit bestimmt neben den nicht abbedungenen gesetzlichen Gemeinschaftsregelungen die Gemeinschaftsordnung. Eine präzisere begriffliche Abgrenzung zu sonstigen Regelungsgegenständen ist kaum möglich. Es gilt die Faustregel: "Vereinbarung" ist das, was präzise als Vereinbarung i.S.d. § 10 Abs. 1, 2, 3 WEG bezeichnet wird. Die Gemeinschaftsordnung kann sog. Öffnungsklauseln[131] enthalten, die es in bestimmten Fällen ermöglicht, die Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss abzuändern (dazu vgl. § 6 Rdn 8 ff.). Vertragliche Regelungen der sachenrechtlichen Zuordnung (etwa Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum) können nicht durch Vereinbarung herbeigeführt werden.[132]

Beschlüsse betreffen im Wesentlichen die konkrete laufende Verwaltung der Gemeinschaft. Beschlüsse sind nur wirksam, sofern eine entsprechende Beschlusskompetenz besteht. Ist dies nicht der Fall, sind sie unheilbar nichtig. Besteht eine grundlegende Kompetenz, kann aber mangels Beschlussanfechtung auch ein Beschluss in Bestandskraft erwachsen, der nicht "ordnungsgemäßer Verwaltung" entsprach.

 

Rz. 72

 

WEG-Reform:

Nach § 10 Abs. 3 S. 1 WEG wirken Beschlüsse der Wohnungseigentümer, die aufgrund einer Vereinbarung (vereinbarte Öffnungsklausel) gefasst werden, nur dann gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Hiervon zu unterscheiden sind Beschlüsse, die aufgrund einer gesetzlichen Beschlusskompetenz (gesetzliche Öffnungsklausel) gefasst werden. Diese wirken gemäß § 10 Abs. 3 S. 2 WEG auch ohne Grundbucheintragung gegenüber Sondernachfolgern eines Wohnungseigentümers. Werden Beschlüsse aufgrund gesetzlicher Öffnungsklausel gefasst, können sie daher auch nicht in das Grundbuch eingetragen werden.[133]

Um welche Art Beschluss es sich handelt, ist objektiv zu bestimmen. Entscheidend ist die Frage, ob der betreffende Beschluss auf der Grundlage einer gesetzlichen Beschlusskompetenz des WEG in der Fassung durch das WEMoG gefasst werden kann.[134] Gibt es eine gesetzliche Beschlusskompetenz und eine gleichlautende Beschlusskompetenz in der Gemeinschaftsordnung, geht die gesetzliche Beschlusskompetenz vor.[135]

 

[131] Vgl. zu den Tücken von Öffnungsklauseln etwa BGH NJW-RR 2015, 847 und Brückner, ZNotP 2015, 328, 333 f.
[132] BGH NZM 2013, 514; NZM 2012, 613; NJW 2003, 2165, 2166; vgl. auch BGH NJW 2016, 2177.
[133] Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn 1757.
[134] Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn 1757.
[135] Vgl. im Einzelnen Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn 1758 ff., zum Eintragungsverfahren siehe auch Rn 1763 ff.

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