Rz. 29

Bei der Erstaufteilung ist zwingend auch die rechtliche Nutzungsart festzulegen. Deren Grundbuchvollzug scheitert allerdings, wenn die baubehördliche Abgeschlossenheitsbescheinigung damit nicht übereinstimmt, also z.B. statt der gewünschten Wohnungsnutzung gewerbliche Nutzung bescheinigt.

 

Rz. 30

Gemäß Ziffer 8 der bisherigen AVAwar bei zu errichtenden Gebäuden eine Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht zu erteilen, wenn die Voraussetzungen für eine bauaufsichtliche Genehmigung des Bauvorhabens nicht gegeben waren (also z.B. Gewerbenutzung unzulässig war). In § 4 Abs. 2 der AVA n.F. heißt es nunmehr, dass die Bescheinigung ungeachtet bauordnungsrechtlicher Vorschriften zu erteilen ist. Die spätere Änderung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt kann eine entsprechende neue baubehördliche Abgeschlossenheitsbescheinigung sowie Baugenehmigung erfordern.

 

Rz. 31

Es handelt sich aber nur um ein verfahrensrechtliches Hindernis: Zivilrecht und öffentliches Recht sind in keiner Weise harmonisiert. Im zivilrechtlichen Innenverhältnis der Wohnungseigentümer kann eine Wohnnutzung gestattet sein, auch wenn sie öffentlich-rechtlich unzulässig ist. Umgekehrt kann eine öffentlich-rechtlich zweifelsfrei zulässige Nutzungsart nicht durchgesetzt werden, wenn sie im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer – wie auch immer – verboten wurde.

 

Rz. 32

Eine tatsächlich abweichende Nutzung ändert nicht die einmal begründete Rechtsqualität. Wird also ein Teileigentum als Wohnung ausgebaut und genutzt, bleibt es rechtlich Teileigentum, und zwar auch, wenn sowohl zivilrechtlich als auch öffentlich-rechtlich die Wohnnutzung zulässig ist. Eine rechtliche Änderung der Zweckbestimmung kann nur durch Grundbucheintragung herbeigeführt werden (siehe § 3 Rdn 22).

 

Praxistipp

In jedem Fall sollten bei der Gestaltung Vorkehrungen getroffen werden, die eine "Versteinerung" der Teilungserklärung möglichst vermeiden. Unglücklich ist der Fall, dass der die Aufteilung beurkundende Notar – weil z.B. im Termin die Möglichkeit der künftigen Nutzung einer Wohneinheit als Gewerbeeinheit angesprochen wurde – zwar ad hoc aufnimmt, dass ein bestimmtes Wohnungseigentum ohne Zustimmung der Miteigentümer in Teileigentum umgewandelt werden darf, aber vergisst, auch die Rückumwandlung ohne Zustimmung zu regeln. Wenn dann das Wohnungseigentum in Teileigentum umgewandelt, Jahre später aber das Gewerbe wieder aufgegeben wurde und die schöne Erdgeschosseinheit nunmehr als Wohnung verkauft werden soll, mag einer der Miteigentümer die Zustimmung zu der Rückumwandlung verweigern. Wenn Umwandlungsmöglichkeiten vorgesehen werden, sollten sie daher immer in beide Richtungen gehen.[71]

 

Rz. 33

Mischformen sind möglich, etwa in Form einer verbundenen Ladenwohnung. In diesen Fällen spricht man von Wohnungs- und Teileigentum. Sie wird entsprechend ihrem überwiegenden Nutzungszweck gebucht. Spätere Änderungen dieses Nutzungszweckes folgen den allgemeinen Regeln.

[71] Die Erleichterungen durch die WEG-Reform hinsichtlich baulicher Änderungen lösen dieses Problem nicht, Stellungnahme Deutscher Notarverein, S. 2.

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