Rz. 45

Was die Einsicht in eine eröffnete Verfügung von Todes wegen anbelangt, enthält § 357 FamFG eine Sonderregelung:

 

§ 357 FamFG Einsicht in eine eröffnete Verfügung von Todes wegen; Ausfertigung eines Erbscheins oder anderen Zeugnisses

(1) Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, eine eröffnete Verfügung von Todes wegen einzusehen.

(2) Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, kann verlangen, dass ihm von dem Gericht eine Ausfertigung des Erbscheins erteilt wird. Das Gleiche gilt für die nach § 354 erteilten gerichtlichen Zeugnisse sowie für die Beschlüsse, die sich auf die Ernennung oder die Entlassung eines Testamentsvollstreckers beziehen.

 

Rz. 46

§ 357 Abs. 1 FamFG übernahm den Regelungsgehalt des früheren § 2264 BGB. Er steht neben dem allgemeinen Akteneinsichtsrecht nach § 13 Abs. 2 FamFG, der die Einsicht in das Ermessen des Gerichts stellt, und dehnt das Einsichtsrecht nunmehr auf alle Arten von letztwilligen Verfügungen, auch auf eröffnete Erbverträge, aus.[38]

 

Rz. 47

Nach § 357 Abs. 2 FamFG kann auch eine Ausfertigung von Erbscheinen, § 2353 BGB, Testamentsvollstreckerzeugnissen, § 2368 BGB, und von Zeugnissen über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft verlangt werden. Auch Beschlüsse nach §§ 2200, 2202 Abs. 3, 2227 BGB können in Ausfertigung angefordert werden. Die Ausfertigung vertritt im Rechtsverkehr die Urschrift, § 47 BeurkG.

 

Rz. 48

Muster 1.10: Antrag auf Erteilung einer Ausfertigung eines Erbscheins

 

Muster 1.10: Antrag auf Erteilung einer Ausfertigung eines Erbscheins

An das

Amtsgericht

– Nachlassgericht –

_________________________

Nachlasssache _________________________

Az. _________________________

Namens und im Auftrag meines Mandanten _________________________ beantrage ich die Erteilung einer Ausfertigung des bereits erteilten Erbscheins.

Mein Mandant hat gegen den Erblasser eine Forderung in Höhe von _________________________ EUR zuzüglich Zinsen und Kosten aus einem Werkvertrag vom _________________________. Auf die beiliegende beglaubigte Abschrift des Vollstreckungsbescheides vom _________________________ darf Bezug genommen werden.

Um die Vollstreckung der Forderung gegen den/die Erben betreiben zu können, benötigt mein Mandant zur evtl. Umschreibung des Vollstreckungsbescheides die Erteilung einer Ausfertigung des bereits erteilten Erbscheins.

Entstehende Kosten können mir aufgegeben werden.

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 49

Falls noch kein Erbschein erteilt worden ist, kann der Nachlassgläubiger, der eine bereits titulierte Forderung besitzt, einen Erbscheinsantrag für den Erben nach §§ 792, 896 ZPO stellen.

 

Rz. 50

Neben der Einsicht in die Nachlassakte kann für einen Beteiligten auch das Grundbuch als wichtige Informationsquelle dienen. § 12 GBO gestattet insoweit jedem die Einsicht, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Dabei genügt es, dass der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt. Ausreichend sind sachliche Gründe, die die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen.[39]

 

Rz. 51

Muster 1.11: Antrag auf Erteilung eines Grundbuchblattes

 

Muster 1.11: Antrag auf Erteilung eines Grundbuchblattes

An das

Amtsgericht

– Grundbuchamt –

_________________________

Grundbuch von _________________________ Band _________________________ Heft _________________________ eingetragener Eigentümer _________________________

Am _________________________ ist der vorgenannte Eigentümer verstorben. Er wurde von seinen Kindern _________________________ und _________________________ beerbt. Auf die beigefügte beglaubigte Abschrift des Erbscheins vom _________________________ darf Bezug genommen werden. Mein Mandant ist Miterbe des Erblassers. Ich beantrage für ihn die Erteilung einer unbeglaubigten Abschrift des oben bezeichneten Grundbuchblattes.

Falls im Amtsbezirk weitere Grundstücke auf den Erblasser eingetragen sein sollten, beantrage ich auch insoweit die Übersendung unbeglaubigter Grundbuchblattabschriften.

Kosten können mir aufgegeben werden.

Auf mich lautende Vollmacht füge ich bei.

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 52

Auch ein Pflichtteilsberechtigter hat regelmäßig ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht.[40]

Wird die Grundbucheinsicht oder die Erteilung von Abschriften versagt, ist das Rechtsmittel der formlosen und unbefristeten Beschwerde statthaft, §§ 71 ff. GBO. Beschwerdegericht ist das Oberlandesgericht, § 72 GBO.

 

Rz. 53

Eine Gebühr in Höhe von 10 EUR wird für eine einfache und in Höhe von 20 EUR für eine beglaubigte Abschrift erhoben, KV 17000 bzw. KV 17001 GNotKG.

 

Rz. 54

Was die Einsicht in das Handelsregister anbelangt, ist diese jedem gestattet, § 9 Abs. 1 HGB. Von den Eintragungen und den eingereichten Dokumenten kann ein Ausdruck verlangt werden, § 9 Abs. 4 HGB.

[38] Burandt/Rojahn/Gierl, § 357 FamFG Rn 1.
[39] OLG Hamm RPfleger 1988, 473; OLG Stuttgart Rpfleger 1983, 272.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge