Rz. 106

 

Beispiel

Eine Mehrhausanlage wird als Einfamilienhaus und Doppelhaus geplant. Laut Teilungserklärung und Aufteilungsplan sollen die Häuser, an denen Sondereigentum begründet wird, wie real geteilte Grundstücke behandelt werden; jeder kann sein Sondereigentum nach Belieben umbauen. Das im Sondereigentum des A stehende Einfamilienhaus wird planmäßig gebaut. Das Eigentum an dem noch zu errichtenden Doppelhaus erwirbt B, der in der Folgezeit ein Gebäude in ganz anderer Ausführung errichtet, als es nach dem Aufteilungsplan vorgesehen ist. B verklagt A auf Mitwirkung an der Anpassung der Teilungserklärung, A verlangt widerklagend den Rückbau des von B errichteten Hauses.

Im Ausgangspunkt hat A zwar einen Anspruch auf Beseitigung des aufteilungsplanwidrigen baulichen Zustands; dieser Anspruch ist hier aber nach Treu und Glauben ausgeschlossen. B hätte sein Haus auch nach einer eventuellen aufteilungsplangemäßen Erstherstellung ohne Zustimmung des A entsprechend der jetzigen Ausführung umbauen können; außerdem sind die Häuser ohnehin wie separate Grundstücke zu behandeln. Der Anspruch des B hat daher Erfolg, denn in diesem Fall kann die Teilungserklärung nicht unverändert bleiben. An dem von B errichteten Gebäude ist kein Sondereigentum entstanden, weil die Räumlichkeiten dem Aufteilungsplan nicht zugeordnet werden können. Das Gebäude steht im Gemeinschaftseigentum, so dass mit den Miteigentumsanteilen von B kein Sondereigentum verbunden ist (isolierte bzw. substanzlose Miteigentumsanteile). Die Miteigentümer sind verpflichtet dafür zu sorgen, dass der sondereigentumslose Miteigentumsanteil nicht weiter bestehen bleibt. Weil Rückbau und plangemäße Herstellung im Fall ausnahmsweise ausscheiden, müssen die Teilungserklärung und der Aufteilungsplan an die tatsächliche Bauausführung angepasst werden, was dem A unter Umständen aber nur gegen Leistung einer Ausgleichszahlung zumutbar ist.[141]

[141] Fall und Lösung nach BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, ZMR 2004, 206. Zu isolierten Miteigentumsanteilen siehe auch LG Hamburg v. 25.4.2012 – 318 S 138/11, ZMR 2013, 57; OLG München v. 14.7.2008 – 34 Wx 37/08, ZMR 2008, 905; ausführlich BeckOGK/Müller, § 2 Rn 217.

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