Rz. 1

Die Unternehmer Theo Müller[1] und Otto Beisheim,[2] die (Ex-) Sportler Boris Becker, Franz Beckenbauer, Günther Netzer, Rainer Schüttler, Michael und Ralf Schumacher, Anni Friesinger, Jan Ullrich sowie der Autor Johannes Mario Simmel[3] haben sämtlich eines gemeinsam: Sie alle haben die im internationalen Vergleich hohen Steuersätze in Deutschland[4] nicht mehr toleriert und verlegten ihren Wohnsitz aus Deutschland heraus nach Österreich oder in die Schweiz in der Hoffnung, dort auf günstigere steuerliche Rahmenbedingungen zu treffen.[5]

Zwar wurde der Spitzensteuersatz in der Einkommensteuer in den vergangenen Jahren mehrfach gesenkt.[6] Dennoch herrscht in Deutschland eine Steuerbelastung, die über dem Durchschnitt der EU liegt.[7]

 

Rz. 2

Aber nicht nur wegzugswilige Prominente und Superreiche ziehen das Ausland deutschen Landen vor. Die Zahl der Wegzügler steigt stark an und sie wird es voraussichtlich auch in den kommenden Jahren tun. Wurde in 2005 mit insgesamt 145.000 Wegzüglern bereits ein Rekord[8] in dieser Kategorie aufgestellt, erreichten die Zahlen für 2019 ein ganz anderes, viel höheres Niveau: 1,232 Millionen Menschen zogen von Deutschland in das Ausland.[9]

Wanderten im Jahr 1998 lediglich 6.174 deutsche Staatsbürger[10] in die Schweiz aus, was die Schweiz auf Platz vier der beliebtesten Auswanderungsziele der Deutschen hievte,[11] hat sich die Zahl bereits in 2006 nahezu verdreifacht: 18.007 Deutsche[12] zog es in die Schweiz, womit die Schweiz beliebtester Zielstaat wurde. Daneben zog es 10.345 deutsche Staatsbürger in 2006 nach Österreich, womit Österreich nach der Schweiz und den USA auf der Rangliste der beliebtesten Zielstaaten auf Rang drei liegt.[13] Die USA verlieren derweil an Attraktivität für deutsche Auswanderer. In 2019 erreichte die Auswanderung in die Vereinigten Staaten das niedrigste Niveau seit 1991, teilte das Statistische Bundesamt mit. Es seien nur 10.000 Deutsche mehr in die USA ausgewandert, als von dort zurückkehrten. Nachdem die USA von 1991 bis 2004 noch das beliebteste Auswanderungsziel waren, liegen sie mittlerweile hinter der Schweiz und Österreich.[14]

Angesichts von zunehmend in Talkrunden geäußerten Ansichten, wie z.B. "Wohlhabende werden zu wenig zur Kasse gebeten",[15] wird sich der Trend zum Wegzug für wirtschaftlich Bessergestellte fortsetzen.

 

Rz. 3

Dabei wird oft übersehen, dass der Wegzug aus steuerlicher Sicht sehr gut vorbereitet werden muss, um die gewünschten Folgen herbeizuführen. Dieses Buch soll dem Auswanderungswilligen, für den die Schweiz, Österreich oder Italien potentielle Ziele sind, eine erste Orientierungshilfe sein und ihm bei der Beantwortung seiner ersten Fragen in steuerlicher Hinsicht dienlich sein. Es kann aber nicht die Beratung im Einzelfall ersetzen.

 

Rz. 4

Lagen bereits in 2004 für Deutschland mit ca. 370.000 Menschen, die jeweils über 1 Mio. EUR ihr eigen nennen, sowie mit fast 10.000 Einkommensmillionären, die im Durchschnitt 2,7 Mio. EUR verdienten,[16] bereits stattliche Zahlen vor, ist die Zahl der Millionäre in Deutschland (und weltweit) trotz Corona weiter angestiegen. In Deutschland gibt es jetzt 1,535 Millionen Millionäre, nach 1,466 Millionen im Vorjahr.[17]

Die bis ca. Anfang 2022 anhaltende Wachstumsphase mit niedrigen Inflationsraten und hohen Zinssätzen hat dazu geführt, dass beachtliches Vermögen gebildet wurde, das jetzt vor dem Zugriff des deutschen Fiskus geschützt werden soll.

 

Rz. 5

Insbesondere die deutsche Erbschaftsteuer wird schon seit langem als Wegzugsgrund angeführt.[18] Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) nimmt an, dass die gesamte Höhe der jährlichen Erbschaften und Schenkungen in Deutschland ca. 300 bis 400 Milliarden EUR beträgt, was ca. 10% der deutschen Wirtschaftsleistung entspricht.[19] Der Fiskus partizipiert hieran über die Erbschaft-/Schenkungsteuer laut DIW-Schätzungen mit etwa sechs bis sieben Milliarden EUR.[20]

Die aktuelle Diskussion um die Erhöhung der Erbschaft-/Schenkungsteuer und deren indirekte Erhöhung durch die im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 beschlossenen Änderungen des Bewertungsgesetzes, die sich auf bebaute Grundstücke auswirken können und für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2023 anzuwenden sind, wird die Wegzugswilligkeit derer, die dazu wirtschaftlich in der Lage sind, daher weiter erhöhen.

Aussagen wie "Ökonomisch gesehen gibt es kaum ein Land in der Welt, das Arbeit stärker besteuert und gleichzeitig Vermögen inklusive der Erbschaft- und Schenkungssteuer weniger besteuert als Deutschland",[21] lassen erahnen, dass es in den nächsten Jahren beim Vermögenstransfer in die nächsten Generationen zu Mehrbelastungen kommen kann.

 

Rz. 6

In Deutschland gibt es so viele reiche Menschen wie nie zuvor.[22] Der Spitzensteuersatz in Deutschland beträgt 42 % und gilt 2022 ab einem zu versteuernden Einkommen von 58.597 bis 277.826 EUR. Die Grenze für den Spitzensteuersatz liegt bei 117.194 EUR. Der Höchststeuersatz von 45 % greift ab einem zu versteuernden Einkommen von me...

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