Rz. 168

Im Unterschied zum Familienrecht spielt das Ausnützen des einstweiligen Rechtsschutzes im Erbrecht nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch ermöglicht auch im erbrechtlichen Verfahren der vorläufige Rechtsschutz nicht selten die rechtzeitige Sicherung. Im Einzelnen unterscheidet man zwischen Rechtsbehelfen der ZPO und solchen des FamFG. Hinzu kommt der nicht gesetzlich geregelte Rechtshängigkeitsvermerk.

1. Einstweiliger Rechtsschutz im ZPO-Verfahren

 

Rz. 169

Zunächst sollen die Rechtsbehelfe der ZPO kurz dargestellt werden.

In der ZPO ist der vorläufige oder auch einstweilige Rechtsschutz in den §§ 916945 ZPO geregelt. Zu unterscheiden ist zwischen dem Arrest gem. §§ 916 ff. ZPO und der einstweiligen Verfügung gem. §§ 935 ff. ZPO. Für beide Rechtsbehelfe gelten die §§ 943 bis 945 ZPO.

 

Rz. 170

Durch den Arrest wird gem. § 916 Abs. 1 ZPO ausschließlich die künftige Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung oder eines Anspruchs, der in eine Geldforderung übergehen kann,[213] gesichert.

 

Beispiele

Sicherung des künftigen Zugewinnausgleichsanspruchs, Sicherung des Pflichtteilsanspruchs, Sicherung eines Geldvermächtnisses.

 

Rz. 171

Die einstweilige Verfügung hingegen sichert gem. §§ 935, 940 ZPO die künftige Zwangsvollstreckung wegen Ansprüche, die nicht auf Geld gerichtet sind.

 

Beispiele

Sicherung von gegenständlichen Vermächtnissen, Sicherung des Herausgabeanspruchs aus §§ 2287, 2288 BGB.

Die genannten Rechtsbehelfe schließen sich somit grundsätzlich gegenseitig aus (zur Ausnahme der Leistungsverfügung siehe Rdn 187).

[213] Hierzu gehört auch der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung, der einer Geldforderung gleichgestellt ist.

2. Arrest

a) Voraussetzungen für den Arrestbefehl

 

Rz. 172

Zunächst muss der Gläubiger in seinem Arrestgesuch nach § 920 ZPO schlüssig einen Arrestanspruch gem. § 916 ZPO und einen Arrestgrund gem. §§ 917, 918 ZPO darlegen und glaubhaft machen (vgl. § 920 Abs. 2 ZPO). Bei dem Gesuch ist besonders darauf zu achten, dass der geforderte Geldbetrag bzw. Geldwert wegen § 923 ZPO genau zu beziffern ist. Ansonsten genügt für die Zulässigkeit des Antrags das bloße Behaupten des Anspruchs.

Ein Arrestgrund ist gegeben, wenn gem. § 917 Abs. 1 ZPO objektiv zu besorgen ist, dass ohne die Verhängung eines Arrestes die künftige Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs entweder vereitelt oder zumindest wesentlich erschwert werden würde.

 

Beispiel

Der Erbe will sich mit dem kompletten Vermögen in das Ausland absetzen, um nicht den Pflichtteil auszahlen zu müssen.

 

Rz. 173

Allerdings kann kein Arrest erfolgreich durchgesetzt werden, wenn z.B. zu befürchten ist, dass weitere Pflichtteilsberechtigte zuvorkommen.

Das Arrestgesuch kann entweder beim zuständigen Gericht der Hauptsache oder aber beim Amtsgericht der belegenen Sache gem. §§ 919, 943 ff., 802 ZPO eingereicht werden.

b) Glaubhaftmachung des Arrestanspruchs und des -grundes

 

Rz. 174

Nach § 920 Abs. 2 ZPO sind der Anspruch und der Arrestgrund glaubhaft zu machen. Kommt es zu einer mündlichen Verhandlung gilt dies nur dann, wenn der Gegner die arrestbegründenden Tatsachen gem. §§ 138 Abs. 3, 288 ZPO bestreitet. Im Verfahren muss nicht der volle Beweis durch präsente Beweismittel (z.B. eidesstattliche Versicherung, Urkundenvorlage, Vorlage eines Sachverständigengutachtens) geführt werden, sondern lediglich dem Richter die Vorstellung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit vermitteln.

Zu beachten ist, dass diese erhebliche Beweiserleichterung der Glaubhaftmachung nur für den Tatsachenvortrag gilt.

c) Entscheidung über den Arrest

 

Rz. 175

Das Gericht kann entweder durch Beschluss gem. § 922 Abs. 1 S. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung oder durch Endurteil nach mündlicher Verhandlung entscheiden.

Gegen den Beschluss ist die sofortige Beschwerde (Notfrist zwei Wochen), gegen das Urteil die Berufung (Notfrist ein Monat) zulässig.

Der Schuldner hat zudem die Möglichkeit gegen die Arrestanordnung Widerspruch nach § 924 ZPO zu erheben. Hierüber hat dann das Gericht nach mündlicher Verhandlung gem. § 925 ZPO durch Urteil zu entscheiden. Gegen dieses Urteil kann dann wiederum Berufung eingelegt werden.

d) Gegenmaßnahmen des Schuldners

 

Rz. 176

Ist die Hauptsache nicht anhängig gemacht worden, so kann der Schuldner nach § 926 ZPO beim Arrestgericht beantragen, dass der Gläubiger binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist die Klage zu erheben hat. Folgt dann der Gläubiger nicht und lässt die Frist verstreichen, ohne die Hauptsache anhängig zu machen, kann der Schuldner die Aufhebung des Arrests beantragen. Hierüber ist dann durch Urteil zu entscheiden.

Des Weiteren steht dem Schuldner gem. § 927 ZPO die Möglichkeit zur Seite, bei Vorliegen veränderter Umstände die Aufhebung des Arrestes zu erreichen, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes oder aufgrund des Erbietens zur Sicherheitsleistung.

e) Vollstreckung des Arrestes

 

Rz. 177

Nach § 928 ZPO sind auf die Vollziehung des Arrestes die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden, soweit keine abweichenden Regelungen in den §§ 929 ff. ZPO bestehen.

Um den Arrest vollziehen zu können, ist keine Klauselerteilung erforderlich, es sei denn es liegt eine Titelumschreibung vor (vgl. § 929 Abs. 1 ZPO).

Des Weiteren ist die Arrestvollziehung nach § 929...

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