Rz. 83

Verstirbt ein Streitgenosse gelten die Regelungen der § 239 und § 246 ZPO. Die Aufnahme des Verfahrens durch einen Streitgenossen, wirkt nur für ihn. Dies gilt selbst dann, wenn es sich um eine notwendige Streitgenossenschaft handelt.

Der Tod eines notwendigen Streitgenossen steht der Säumnis nicht gleich.[138]

[138] Zöller/Vollkommer, § 62 Rn 28.

a) Einfache Streitgenossenschaft

 

Rz. 84

Bei einer einfachen Streitgenossenschaft kann es bei zwischenzeitlichem Tod einer Partei zu erheblichen Problemen kommen.

 

Fall

Der Nachlassgläubiger G klagt gegen die Erben A, B und C auf Zahlung von 20.000 EUR. Im Oktober 2011 werden A, B und C verurteilt an G 5.000 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Kurz nach der Urteilsverkündigung stirbt A. Das Urteil wird jedoch erst nach dem Tode des A dem Prozessbevollmächtigten, der alle drei Erben vertreten hat, zugestellt.

Es soll ggf. Berufung eingelegt werden.

Hat der Anwalt des A einen Antrag zu stellen?

Lösung

Der Anwalt hat hier zu berücksichtigen, dass die Rechtsmittelfrist nicht bereits durch einen notwendigen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach §§ 239, 246 Abs. 1 ZPO unterbrochen wird, sondern erst mit dem Erlass des Aussetzungsbeschlusses. Der Aussetzungsbeschluss muss also auf jeden Fall noch vor Ablauf der Berufungsfrist erlassen werden. Hierauf hat der Anwalt zu drängen. Ggf. besteht aber die Möglichkeit nach § 233 ZPO auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Am sichersten wird es sein, umgehend Berufung einzulegen, um zu verhindern, dass das gegen A ergangene Urteil wegen § 325 ZPO zu Lasten von B und C rechtskräftig wird.

Hat G gegen alle drei Berufung eingelegt, besteht die Gefahr aus § 239 Abs. 1 ZPO. Das Verfahren gegen A wird kraft Gesetzes mit der Wirkung unterbrochen, dass die anwaltliche Vertretung des A ab Berufungseinlegung entfällt! Somit läuft die Berufungsfrist nicht weiter bis das Verfahren wieder aufgenommen wird.

Haben B und C nicht aber A Berufung eingelegt wird der Fall noch komplizierter:

Das Berufungsgericht muss tatsächlich weiter entscheiden, selbst auf die Gefahr hin, dass unterschiedliche Urteile rechtskräftig werden. Ein Aussetzungsantrag nach § 148 ZPO ist nicht möglich.[139] Eine Zurückverweisung an das Ausgangsgericht ist ebenfalls nicht möglich da kein Verfahrensmangel nach § 539 ZPO vorliegt und kein Zurückverweisungstatbestand nach § 538 ZPO gegeben ist.

[139] Dazu ausführlich Schneider, a.a.O., Rn 457.

b) Notwendige Streitgenossenschaft

 

Rz. 85

Sofern ein notwendiger Streitgenossen im Laufe des gerichtlichen Verfahrens verstirbt, tritt automatisch die Unterbrechungswirkung der §§ 239 und 246 ZPO ein.

Dies bedeutet, dass der Prozess aufgrund des Gebotes der einheitlichen Entscheidung bei einer Aussetzung oder Unterbrechung nicht fortgeführt werden kann.

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