Rz. 43

Ist danach festgestellt, hinsichtlich welcher Gegenstände der Anwalt tätig war, sind diese nach den §§ 22 ff. RVG jeweils einzeln zu bewerten. Dabei wird gem. § 23 Abs. 1 RVG vor allem auf die Wertvorschriften des GKG, des FamGKG und des GNotKG abzustellen sein.

 

Rz. 44

Die Werte mehrerer Gegenstände sind anschließend nach § 22 Abs. 1 RVG, § 23 Abs. 1, 2 RVG i.V.m. §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 GKG, §§ 33 Abs. 1, 39, 44 Abs. 1 FamGKG zusammenzurechnen, wobei gegebenenfalls Additionsverbote (wie z.B. §§ 44, 45 Abs. 1 S. 3 GKG, §§ 33 Abs. 1 S. 2, 38 FamGKG) zu beachten sind.

 

Beispiel 17: Zusammenrechnung mehrerer Gegenstände, Additionsverbot

Der Anwalt erhebt namens seines Mandanten einen Stufenantrag auf Auskunft und Zahlung eines noch der Höhe nach zu beziffernden Zugewinnausgleichanspruchs. Über den Auskunftsanspruch wird verhandelt. Anschließend wird der Zugewinn gezahlt und die Hauptsache ohne weitere Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Verfahrenswert wird gem. § 38 GKG auf 25.000,00 EUR festgesetzt. Auf Antrag nach § 33 RVG setzt das Gericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Terminsgebühr auf 5.000,00 EUR fest.

Für den Anwalt liegen zwei Gegenstände der anwaltlichen Tätigkeit vor: Auskunft und Zahlung. Daher sind auch zwei Gegenstandswerte zu ermitteln, sofern sich einzelne Gebühren nicht nach dem Gesamtwert berechnen. Insgesamt beläuft sich der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 38 FamGKG jedoch nur auf den höheren Wert des Zahlungsantrags. Dennoch darf der weitere Gegenstand der Auskunftsklage nicht außer Betracht gelassen werden, da die Terminsgebühr nur nach diesem Gegenstand angefallen ist, nicht aber hinsichtlich des Zahlungsantrags. Dieser Wert ist dann nach § 33 RVG auf Antrag gesondert festzusetzen.[16]

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.136,20 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   400,80 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.557,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   295,83 EUR
Gesamt   1.852,83 EUR
 

Rz. 45

Soweit die Vergütung aus einem gerichtlichen Verfahren abgerechnet wird, ist § 32 Abs. 1 RVG zu beachten. Der Anwalt ist an die gerichtlich festgesetzten Werte gebunden. Ist er damit nicht einverstanden, muss er gem. § 32 Abs. 2 RVG die dagegen gegebenen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe ergreifen.

 

Rz. 46

Soweit keine Gerichtsgebühren anfallen oder diese sich nicht nach dem Wert berechnen (insb. Beschwerdeverfahren), ist eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 RVG zu beantragen. Auch hiergegen ist gegebenenfalls die Beschwerde gegeben (§ 33 Abs. 3 RVG)

 

Rz. 47

Ohne vorherige Wertfestsetzung sollte sich der Anwalt – zumindest in Zweifelsfällen – erst gar nicht an die Schlussrechnung begeben, sondern die vorgreiflichen Wertfestsetzungsverfahren durchführen. Ein Vergütungsfestsetzungsverfahren ist sogar auszusetzen, wenn der Wert bestritten wird (§ 11 Abs. 4 RVG). Ebenso ist ein Kostenfestsetzungsverfahren[17] oder ein Rechtsstreit[18] auszusetzen, wenn zunächst ein vorgreifliches Wertfestsetzungsverfahren durchzuführen ist.

[16] OLG Hamm JurBüro 2021, 147 = NJW-Spezial 2021, 59 = NZFam 2021, 177; OLG Koblenz JurBüro 2019, 315 = AGS 2019, 286 = NZFam 2019, 279.
[17] BGH AGS 2014, 246 = NJW-RR 2014, 765 = RVGreport 2014, 240 = NJW-Spezial 2014, 380; Rpfleger 2014, 450; NJW-RR 2014, 892; OLG Düsseldorf AGS 2010, 568; FG Dessau-Roßlau AGS 2014, 222; LAG Mainz NZA-RR 2012, 657 = NJW-Spezial 2012, 637 = RVGreport 2012, 416.
[18] N. Schneider, Aussetzung im Vergütungsprozess bei bestrittenem Gegenstandswert?, NJW-Spezial 2014, 155.

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