Rz. 22

Fehlentscheidungen der Gerichte sind der Revision nicht uneingeschränkt zugänglich. Bei einfachen Rechtsanwendungsfehlern ist der revisionsrechtliche Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nur dann gegeben, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu besorgen ist, dass dem fehlerhaften Urteil ohne Korrektur durch das Revisionsgericht ein Nachahmungseffekt zukommen oder eine Wiederholungsgefahr damit verbunden sein könnte. Hingegen reicht eine Fehlentscheidung nur in einem Einzelfall selbst dann nicht aus, wenn der Rechtsfehler offensichtlich oder von Gewicht ist.[14] Eine nur fragwürdige oder sogar fehlerhafte Rechtsanwendung begründet keinen Verstoß gegen Art. 3 I, 103 GG.[15]

 

Rz. 23

Zur Einbeziehung und zum Hinweis/Verweis auf BGH-Rechtsprechung führt RiBGH Zoll[16] aus:

Zitat

Dass die Rechtsprechung des BGH von den Instanzgerichten manchmal nicht zutreffend berücksichtigt wird, gehört zum Geschäft. In zahlreichen derartigen Fällen sind die Entscheidungen im Ergebnis trotzdem richtig. Es besteht dann, soweit die Revision nicht vom Berufungsgericht zugelassen ist, kein Grund, dass der BGH durch Zulassung der Revision im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde korrigierend eingreift.[17] Fehler im Einzelfall, auch wenn sie offensichtlich sind, müssen im Hinblick auf die gesetzlich vorgegebenen Revisionsgründe (§ 543 II ZPO) ohnehin vielfach hingenommen werden.[18] Nicht jedes Urteil eines Instanzgerichts, gegen das die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist, kann deshalb als Beleg dafür herangezogen werden, dass der BGH sämtliche darin vertretenen Rechtsauffassungen bzw. Subsumtionsvorgänge gebilligt hat.

[14] BGH v. 26.3.2014 – VI ZR 298/12 –, BGH v. 26.3.2014 – VI ZR 254/12 –, BGH v. 25.11.2003 – VI ZR 184/03 – FamRZ 2004,265 (Konkret: OLG hat im Unterhaltsschaden Hinterbliebenenrenten der Sozialversicherung auf den Schaden rechtsfehlerhaft nicht verrechnet). Siehe auch BGH v. 31.10.2002 – V ZR 2002 – BGHReport 2003, 254 (Anm. Schultz) = MDR 2003, 347 = NJW 2003, 754 = VersR 2003, 1141 = WM 2003, 259 (Bei einem Rechtsanwendungsfehler [konkret: fehlerhafte Anwendung der Beweislastregeln] ist der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung insbesondere dann gegeben, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu besorgen ist, dass dem fehlerhaften Urteil ohne Korrektur durch das Revisionsgericht eine Wiederholungsgefahr oder ein Nachahmungseffekt zukommen könnte. Hingegen reicht für diesen Zulassungsgrund eine Fehlentscheidung nur in einem Einzelfall selbst dann nicht aus, wenn der Rechtsfehler offensichtlich oder von Gewicht ist. Konkrete Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr oder einen Nachahmungseffekt liegen vor, wenn sich die rechtsfehlerhafte Begründung des Urteils verallgemeinern lässt und überdies eine nicht unerhebliche Zahl künftiger Sachverhalte zu erwarten ist, auf welche die Argumentation übertragen werden könnte.), BGH v. 4.7.2002 – V ZR 75/02 – BGHReport 2002, 947 = MDR 2002, 1206 = NJW 2002, 2957 = VersR 2003, 483 = WM 2002, 1811.
[15] BGH v. 26.3.2014 – VI ZR 298/12 – und BGH v. 26.3.2014 – VI ZR 254/12 – (Das Gericht ist nicht gezwungen, ausländisches Recht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln, sondern hat einen weiten Ermessensspielraum bei der Weise der Kenntnisverschaffung über das ausländische Recht).
[16] Zoll "Entwicklungen im Personenschadensrecht" r+s Sonderheft 2011 zum 75. Geburtstag von Hermann Lemcke, S. 133.
[17] Vgl. BGH v. 18.7.2003 – V ZR 187/02 – BGHReport 2003, 3205 = FamRZ 2003, 1652 (nur Ls.) = MDR 2004, 48 = NJW 2003, 3205 = WM 2004, 46 (Ein Berufungsurteil beruht auf der Verletzung rechtlichen Gehörs, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht führt nicht zur Zulassung der Revision, wenn sich nach einer rechtlichen Überprüfung in dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren das Berufungsurteil aus anderen Gründen als richtig darstellt.), BGH v. 10.8.2005 – XII ZR 97/02 – BGHReport 2005, 1552 = FamRZ 2005, 1667 = MDR 2005, 1241 (Eine Verletzung rechtlichen Gehörs oder ähnlich schwerwiegende, eine Zulassung an sich erfordernde Verfahrensfehler des Berufungsgerichts rechtfertigen die Zulassung der Revision durch das Revisionsgericht nicht, wenn die rechtliche Überprüfung im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ergibt, dass das Berufungsurteil im Ergebnis aus anderen Gründen richtig ist), BGH v. 10.6.2010 – Xa ZR 110/09 – BB 2010, 1866 (nur Ls.) = FamRZ 2010, 1434 = MDR 2010, 1077 (nur Ls.) = NJW-RR 2011, 211 = WM 2010, 2004.
[18] Vgl. BGH v. 19.12.2002 – VII ZR 101/02 – NJW 2003, 831 = VersR 2003, 1142: Die Nichtzulassungsbeschwerdebegründungen sind daher i.d.R. voll von – meist erfolglosen – Rügen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bzw. des Willkürverbots, mit denen, wenn sie begründet sind, wegen der verfassungsrechtli...

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