Rz. 235

Im Folgenden wird die Systematik des Betriebsvermögensvergleichs anhand eines einfachen Beispiels dargestellt. Da ohne Gewinn- und Verlustkonto gearbeitet wird, zeigt dieses Beispiel die Wirkungsweise des Betriebsvermögensvergleichs in reinster Form. Gleichzeitig macht es anschaulich deutlich, dass das Gewinn- und Verlustkonto nur ein Unterkonto des Eigenkapitalkontos ist. Da in der Realität der Umfang der Geschäftsvorfälle erheblich umfangreicher ist, bedarf der Ausweis in den einzelnen Sachkonten, aber auch in der Gewinn- und Verlustrechnung einer weitergehenden Differenzierung, damit das Rechnungswesen seiner Ausweis- und Dokumentationsfunktion nachkommen kann.

 

Beispiel zur Arbeitsweise des Betriebsvermögensvergleichs

Rechtsanwalt R. macht sich selbstständig.

Da er auch Steuerberatung und Buchführung anbieten möchte, will er seine Gewinne durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln.

Er verfügt über ein Eigenkapital von 50.000 EUR und nimmt darüber hinaus bei der Bank einen Kredit in Höhe von 150.000 EUR auf.

Lösung

Die Eröffnungsbilanz von R sieht wie folgt aus:

 
Aktiva   Passiva  
Bank 200.000 EUR Eigenkapital 50.000 EUR
    Darlehensverbindlichkeiten 150.000 EUR
Bilanzsumme 200.000 EUR Bilanzsumme 200.000 EUR
 

Rz. 236

 

Ferner

Für Inventar und Bürogeräte erhält er von einem Lieferanten eine Rechnung über 119.000 EUR brutto mit einem Zahlungsziel von drei Monaten.

Lösung

 
Aktiva   Passiva  
Anlagevermögen 100.000 EUR Eigenkapital 50.000 EUR
Bank 200.000 EUR Darlehensverbindlichkeiten 150.000 EUR
Vorsteuerforderung 19.000 EUR Verbindlichkeiten aus L&L 119.000 EUR
Bilanzsumme 319.000 EUR Bilanzsumme 319.000 EUR

Bilanzierungstechnisch führt der Geschäftsvorfall zu einer sog. Bilanzverlängerung, d.h. also zu einer Erhöhung der Bilanzsumme.

Würde der Steuerpflichtige eine Einnahmen-/Überschussrechnung erstellen, würde bei diesem Geschäftsvorfall keinerlei Buchung erfolgen, da es am Geldfluss fehlt.

Das bilanzierende Unternehmen muss aber dem Realisationsprinzip folgen und bucht deshalb den Geschäftsvorfall.

Dies gilt umgekehrt auch für eine Forderungsverbuchung.

 

Rz. 237

 

Ferner

Nach zwei Monaten zahlt R per Bankanweisung die Rechnung des Lieferanten in Höhe von 119.000 EUR brutto.

Die Vorsteuer wird ihm durch die Umsatzsteuervoranmeldung erstattet, ohne dass er zu diesem Zeitpunkt schon Erlöse hat.

Lösung

 
Aktiva   Passiva  
Anlagevermögen 100.000 EUR Eigenkapital 50.000 EUR
Bank 100.000 EUR Darlehensverbindlichkeiten 150.000 EUR
Bilanzsumme 200.000 EUR Bilanzsumme 200.000 EUR

Hier liegt bilanztechnisch eine Bilanzverkürzung durch eine Reduzierung der Bilanzsumme vor.

Die Verbindlichkeit gegenüber dem Lieferanten ist vollständig, brutto, erloschen.

Zwischen Unternehmern im umsatzsteuerrechtlichen Sinne stellt die Umsatzsteuer nur eine durchlaufende Position dar. Bei Geschäftsvorfällen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne zwischen Unternehmern zahlt niemand die Umsatzsteuer. Dies ist allein Aufgabe eines nichtunternehmerischen Endverbrauchers.

 

Rz. 238

 

Ferner

Im Laufe des Geschäftsjahres kann R gegenüber einem Mandanten eine Honorarrechnung in Höhe von brutto 35.700 EUR stellen.

Lösung

 
Aktiva   Passiva  
Anlagevermögen 100.000 EUR Eigenkapital 80.000 EUR
Bank 100.000 EUR Darlehensverbindlichkeiten 150.000 EUR
Forderung 35.700 EUR Umsatzsteuerverbindlichkeit 5.700 EUR
Bilanzsumme 235.700 EUR Bilanzsumme 235.700 EUR

Auch hier wird der Geschäftsvorfall in einer Einnahmen-/Überschussrechnung nicht gebucht, weil es am Geldfluss fehlt.

In diesem Beispiel zeigt sich die erfolgswirksame Buchung durch Erhöhung des Eigenkapitals um netto 30.000 EUR.

Ausgewiesen wird aber auch eine Umsatzsteuerverbindlichkeit in Höhe von 5.700 EUR (Ausweis der Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten!).

 

Rz. 239

 

Ferner

Am Jahresende zahlt R 100.000 EUR an Bankverbindlichkeiten zurück.

Die AfA beläuft sich auf 20 % des Anlagevermögens.

Lösung

 
Aktiva   Passiva  
Anlagevermögen 80.000 EUR Eigenkapital 60.000 EUR
Forderung 35.700 EUR Darlehensverbindlichkeit 50.000 EUR
    Umsatzsteuerverbindlichkeit 5.700 EUR
Bilanzsumme 115.700 EUR Bilanzsumme 115.700 EUR

Die vorstehende Bilanz ist die Abschlussbilanz des Geschäftsjahres zum 31.12.

Sie ist gleichzeitig auch Eröffnungsbilanz für das kommende Geschäftsjahr.

Das Anlagevermögen reduziert sich um 20.000 EUR durch die Abschreibung.

Auf der Passivseite reduziert sich das Eigenkapital aufgrund des AfA-Aufwandes in entsprechender Höhe.

Die Tilgung der Darlehensverbindlichkeit ist erfolgsneutral und führt mit der AfA zu einer Bilanzverkürzung.

Ergebnis des Beispiels: Das Eigenkapital am Schluss des Geschäftsjahres mit 60.000 EUR abzüglich 50.000 EUR, Eigenkapital zu Beginn des Geschäftsjahres, ergibt den Gewinn i.H.v 10.000 EUR.

Da die Forderung am 31.12. noch nicht ausgeglichen ist, würde bei der Einnahmen-/Überschussrechnung dieser Geschäftsvorfall erfolgswirksam noch nicht erscheinen. Das Unternehmen hätte dann einen Verlust in Höhe der AfA von 20.000 EUR gemacht.

 

Rz. 240

Die Bedeutung von erfolgswirksamen Verbuchungen bei ...

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