Rz. 159

Umstritten ist, ob im Falle des Abzugs der Verbindlichkeit im Rahmen des Ehegattenunterhalts noch ein Restausgleich zu Lasten des Unterhaltsberechtigten zu erfolgen hat, der daraus folgt, dass sich der Unterhaltsberechtigte bei Zugrundelegung eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 nur zu 3/7 an der Schuld beteiligt.

 

Rz. 160

 

Rechenbeispiel[116]

Alleinverdiener M verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von 4.200 EUR. Er zahlt auf ein gemeinschaftliches eheliches Darlehen monatliche Raten in Höhe von 700 EUR zurück. Die einkommenslose F macht Unterhalt in Höhe von 1.500 EUR geltend.

Berechnung: 4.200 EUR – 700 EUR = 3.500 EUR x 3/7 = 1.500 EUR

Nach einer Mindermeinung[117] beteiligt sich die F nicht in gebotenem Umfang und hälftig an der Schuldenrückführung; dem M stehe noch ein Restausgleich aus der Gesamtschuld zu. Durch die Unterhaltsquotierung von 4/7 : 3/7 zahle die Unterhaltsberechtigte F nicht die Hälfte der Gesamtschuld, sondern 1/7 weniger.[118] M könne daher noch 1/14 (die Hälfte von 1/7) der getilgten Schuld, somit 50 EUR von F gemäß § 426 BGB verlangen.

Rechenergebnis nach dieser Rechtsauffassung:

Unterhaltsanspruch F: (4.200 EUR x 3/7) = 1.800 EUR

Gesamtschuldnerausgleichsanspruch M gegen F: 700 EUR : 2 = 350 EUR

Saldo: 1.800 EUR – 350 EUR = 1.450 EUR

Somit würde F 50 EUR weniger erhalten, letztlich nur 1.450 EUR anstatt 1.500 EUR.

 

Rz. 161

Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden,[119] da bei dieser Berechnung der von der Rechtsprechung zugestandene Erwerbstätigenbonus falsch eingeordnet wird, denn sie verkennt, dass der Erwerbsanreiz von 1/7 nicht von dem Ausgangseinkommen – im hiesigen Fall 4.200 EUR – in Abzug zu bringen ist, sondern nur von dem bereinigten Nettoeinkommen (nach Abzug aller eheprägenden Lasten), denn die ehelichen Lebensverhältnisse waren von dem Nettoeinkommen des M von 4.200 EUR und der monatlichen Schuldentilgung von 700 EUR geprägt. Zudem beinhaltet die Einbeziehung der gesamten Schuld in die Unterhaltsberechnung auch bereits eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, die eine spätere Korrektur verbietet.

 

Rz. 162

Teilweise wird auch vertreten, dass der Unterhaltspflichtige ein Wahlrecht hat, ob er die für sich günstigere Variante – eine Unterhaltsberechnung ohne Vorabzug der Schuld und sodann hälftige Beteiligung des Unterhaltsberechtigten an der Verbindlichkeit – verlangen kann. Jedoch ist auch diese Rechtsauffassung aus den genannten Gründen abzulehnen, denn dem Unterhaltspflichtigen steht der Abzug des Erwerbstätigenbonus nur von dem bereinigten Einkommen, nach Abzug der eheprägenden Verbindlichkeiten, zu. Er hat keinen Anspruch darauf, dass sich – anders als zu Zeiten des Zusammenlebens – der Unterhaltsberechtigte vorab hälftig an den Verbindlichkeiten beteiligt.[120]

Im Rahmen der Unterhaltsbemessung ist daher die Tilgung der Gesamtschuld von dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen voll in Abzug zu bringen.

 

Rz. 163

Allerdings kann in der Berücksichtigung einer von dem Unterhaltsschuldner getragenen Gesamtschuld bei der Bemessung von Kindesunterhalt regelmäßig keine anderweitige Bestimmung gesehen werden, die Ausgleichsansprüche zwischen Ehegatten nach § 426 Abs. 1 Satz 1 ausschließt, zumal es sich in diesem Fall nicht um wechselseitige Ansprüche von Ehegatten handelt.[121]

[116] Nach Haußleiter/Schulz, 5. Aufl., Kap. 5 Rn 157.
[117] OLG Köln, 28.2.1991 – 10 UF 240/90, FamRZ 1991, 1192; LG Arnsberg FamRZ 2001, 1072; Kleinle, FamRZ 1997, 8, 11.
[118] Nach den Süddeutschen Leitlinien 1/10.
[119] Haußleiter/Schulz, 5. Aufl., Kap. 5 Rn 157f.; Kleffmann in Klein, Handbuch Familienvermögensrecht, Kap. 11, Rn 29; Wever, 4. Aufl., Kap. 3 Rn 338; Schulz, FuR 2006, 472, 474.
[120] Wever, 4. Aufl., Kap. 3 Rn 339, so Bosch, FamRZ 2002, 366, 370.

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