Rz. 416

Manchmal gehen die Mandanten davon aus, dass der aus ihrer Sicht hohe Wert ihrer Immobilie schon für sich die Finanzierungszusage bzw. die Genehmigung der alleinigen Übernahme des gemeinsamen Darlehens rechtfertige. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1–3 KWG entspricht das bei Beleihungen von eigengenutzten Objekten bzw. bei Darlehen bis zu 4/5 des Beleihungswertes jedenfalls bis zu 750.000 EUR durchaus der Rechtslage hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit.[298]

 

Rz. 417

In der Praxis sind aber Darlehensvergaben ohne Feststellung der nachhaltigen Bedienbarkeit des Darlehens sind weder sinnvoll, noch praktikabel, denn die Bank muss zur Feststellung der notwendigen bilanziellen Eigenkapitalunterlegung ihre Risikoaktiva und damit vor allem auch ihr Kreditbuch (Kreditbestand) nach Risikoklassen gewichten.

Gemäß der CRR (Capital Requirements Regulation/Richtlinie über Eigenkapitalanforderungen) sind zur Kreditwürdigkeitsprüfung entweder Kreditrisikostandardansätze (KRA) zu verwenden oder interne Ratingsysteme (IRBA – Internal Rating Based Approach) zu schaffen.[299] Deren Anwendung ist wiederum nur möglich, wenn sich die Bank Klarheit hinsichtlich Vermögen, Einkommen und Verbindlichkeiten ihrer Kreditnehmer schafft.

 

Rz. 418

Diese Regeln und die darauf basierenden Ratinganforderungen gehen letztlich der häufig zitierten Kreditbetragsuntergrenze für die Pflicht zur jährlichen Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Höhe von 750.000 EUR gemäß § 18 Abs. 1 KWG vor. Ferner gilt, dass die Offenlegungsverpflichtung in den Vertragsbedingungen der Banken für Hypothekendarlehen formuliert ist und§ 18 Abs. 2 KWG n.F. seit dem 1.1.2014 für Verbraucherdarlehen eine Offenlegungspflicht vor Auszahlung des Darlehens ohne Betragsgrenzen formuliert.

 

Rz. 419

Vermietete Immobilien (Mehrfamilienhäuser) sind gelegentlich im sogenannten Non-Recourse-Verfahren finanziert, wenn diese im Besitz einer Zweckgesellschaft (meist GmbH oder UG) sind. Bei dieser Finanzierungsform wird auf die der Zweckgesellschaft zufließenden Mieterträge sowie auf den im Ertrags- und Sachwertverfahren festgestellten Beleihungswert abgestellt. Auch hier gilt der Grundsatz, dass die Zweckgesellschaft ausreichende Mieterträge zur Bedienung des Kapitaldienstes und zumeist auch noch zusätzliche der Bank zu verpfändende Rücklagen schöpfen muss. Diese Konstruktion wird gewählt, wenn der wirtschaftliche Eigentümer, also der maßgebende Gesellschafter der Zweckgesellschaft eine persönliche Haftung ablehnt oder Steuerausländer ist und der Beleihungsauslauf (Grundpfandrechtsbelastung im Verhältnis zum Beleihungswert) durch entsprechenden Eigenkapitaleinsatz bei der Anschaffung i.d.R. etwa 70 % nicht überschreitet. Auch hier gilt, dass keine bilanzielles Negativkapital vorliegen darf und wenn dieses temporär durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen und noch bevorstehende Neuvermietungen der Fall sein sollte, zumindest eine positive Fortführungsprognose des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers vorgelegt werden muss. Scheidet ein Ehegatte aus der Gesellschaft aus, bedarf es hierzu keiner Genehmigung der Bank, weil nur die Zweckgesellschaft Kreditnehmerin ist.

 

Rz. 420

Es ist dringend zu empfehlen, den Mandanten zu vollständiger und wahrheitsgemäßer Angabe der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse zu veranlassen. Das "Schönrechnen" der Kapitaldienstfähigkeit wird spätestens bei unerwarteten Instandhaltungsmaßnahmen oder einem Mietausfall bei vermieteten Objekten zur Falle, die bis zur Privatinsolvenz führen kann. Ist die Tragbarkeit der Belastung nicht sicher und unter geeigneten Liquiditätsreserven eindeutig ermittelbar, kann nur zum Verkauf oder ggf. zur Vermietung der Immobilie geraten werden. Der Mandant sollte die abzugebende Selbstauskunft nicht nur einseitig als Bankinteresse auffassen, sondern zugleich als Vehikel der selbstkritischen Überprüfung seiner eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit begreifen und hier entsprechende Sorgfalt und Zeit investieren.

 

Rz. 421

Der das Darlehen allein weiter finanzierende Mandant sollte nicht ausschließlich von Unterhaltsleistungen leben. Ein Ausbleiben der Unterhaltszahlungen z.B. wegen plötzlicher Arbeitslosigkeit oder schwerer Erkrankung des Unterhaltspflichtigen oder eine aus sonstigen Gründen erfolgende Abänderungsklage können schnell Ratenrückstände[300] und damit einen Sanierungsfall auslösen, der mit der Kündigung des Darlehens enden kann. Deshalb wird die Bank eine nur auf Unterhaltszahlungen beruhende Kapitaldienstfähigkeit oft nicht anerkennen und den Darlehensantrag ablehnen. Ausnahmen sind denkbar, wenn es sich um langjährige Kundenbeziehungen handelt und weiterer liquider Vermögensrückhalt besteht.

 

Rz. 422

Ferner sollte der die Immobilie und damit die Finanzierung übernehmende Mandant die notwendige Änderung seiner Steuerklasse von Klasse III in Klasse I bei seiner Liquiditätsplanung berücksichtigen, denn § 26 Abs. 1 EStG sieht ein Wahlrecht bezüglich der Steuerklasse nur vor, wenn die Eheleute nicht dauernd...

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