Rz. 304

Nach § 1371 Abs. 1 BGB wird der Erbanspruch des überlebenden Ehegatten pauschal um ¼ erhöht. Der BGH hat diesen Anspruch als güterrechtlich qualifiziert.[229] Ziel ist es, mit dieser "erbrechtlichen Lösung" die Ansprüche aus dem Zugewinn zu realisieren. Die pauschale Erhöhung erfolgt unabhängig davon, ob tatsächlich ein Zugewinnausgleichsanspruch besteht oder nicht. Mit der Erhöhung des Erbanteils um ¼ ist der Zugewinnausgleich erfasst, es erfolgt damit keine konkrete Berechnung des Zugewinnes mehr. Es kann auch nicht gesondert noch ein Anspruch auf Zugewinnausgleich geltend gemacht werden. Folge der pauschalen Abgeltung ist auch, dass Zuwendungen, die zu Lebzeiten gemacht wurden, unberücksichtigt bleiben und keine Anrechnung gem. § 1380 BGB erfolgt.

 

Rz. 305

Die Erhöhung um ¼ nach § 1371 Abs. 1 BGB hat die gleiche Rechtswirkung wie der Erbanspruch aus § 1931 Abs. 1 BGB. Mit dem Tod des Verstorbenen geht dessen Nachlass in diesem Umfang auf den Ehegatten über, der dann auch dinglich berechtigt ist.

 

Rz. 306

Voraussetzung dieses Anspruches ist nur, dass der Ehegatte gesetzlicher Erbe oder gem. § 1371 Abs. 2 BGB Vermächtnisnehmer wurde. Er darf mithin durch eine testamentarische Verfügung nicht enterbt worden sein. In der testamentarischen Zuwendung des "kleinen Pflichtteils" wird in der Regel eine Enterbung gesehen.[230] Das bedeutet, dass der Ehegatte, wenn ihm nur der kleine Pflichtteil zugedacht ist, nur die güterrechtliche und nicht die erbrechtliche Lösung geltend machen kann. Die pauschale Abgeltung des Zugewinns durch Erhöhung des Erbanspruches um ¼ nach § 1371 Abs. 1 BGB ist dann nicht möglich.

 

Rz. 307

Aus der weiteren Regelung in § 1371 Abs. 2 BGB ergibt sich, dass der Anspruch aus § 1371 Abs. 1 BGB auch geltend gemacht werden kann, wenn der Ehegatte zwar kein gesetzlicher Erbe, aber Vermächtnisnehmer des Verstorbenen ist. Dieses Vermächtnis muss jedoch einen Mindestwert erreichen; hat das Vermächtnis nur einen Erinnerungswert, ist der Ehegatte faktisch enterbt, sodass er die Erhöhung nach § 1371 Abs. 1 BGB nicht geltend machen kann.[231]

[229] BGH FamRZ 2015, 1180; zur bisherigen Rechtsprechung: OLG Köln FamRz 2012, 819.
[230] PWW/Weinreich, § 1371 Rn 10.
[231] PWW/Weinreich, § 1371 Rn 9.

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