Rz. 41

Nach der Durchführung eines Zivilprozesses stellt sich die Frage, wer für die Prozesskosten aufkommen muss. Nun, das weiß doch jeder: Der Verlierer zahlt die Kosten! Wie ist es aber, wenn es keinen Verlierer gibt, wenn beide Parteien Verlierer sind, weil beide Parteien nur teilweise Recht bekommen haben? Hat man nicht schon einmal gehört, dass der Kläger zur Zahlung der Prozesskosten verurteilt wurde, obwohl er den Prozess gewonnen hatte? Oder wie ist es, wenn der Verlierer die Prozesskosten wegen Zahlungsunfähigkeit nicht zahlt?

Wer die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen hat, wird vom Gericht von Amts wegen entschieden (§ 308 Abs. 2 ZPO). Grundsätzlich regelt die ZPO diese Frage so, dass die im Zivilprozess unterliegende Partei die gesamten Kosten des Rechtsstreites zu tragen und somit die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten hat, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (§ 91 ZPO, siehe dazu auch Rdn 93 ff.). Zu diesen Kosten gehört auch die den prozessbevollmächtigten Rechtsanwälten zu zahlende Vergütung. Von diesem Grundsatz gibt es aber einige Ausnahmen:

 

Rz. 42

Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Verfahrenskosten verhältnismäßig zu teilen oder gegeneinander aufzuheben (§ 92 ZPO).

 

Beispiel für verhältnismäßige Teilung:

Klage wegen 7.000 Euro. Der Beklagte wird zur Zahlung von 6.000 Euro verurteilt, im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Also haben der Beklagte in Höhe von 6.000 Euro und der Kläger in Höhe von 1.000 Euro den Prozess verloren. Die im Urteil enthaltene Kostenentscheidung wird lauten: "Der Kläger trägt die Kosten zu 1/7, der Beklagte zu 6/7."

 

Beispiel für "gegeneinander aufheben":

Beide Parteien haben ungefähr je zur Hälfte obsiegt bzw. sind unterlegen. Die Kostenentscheidung im Urteil lautet in diesem Fall nur: "Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben."

Wenn die Kosten gegeneinander aufzuheben sind, so bedeutet dies gemäß § 92 ZPO, dass jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten (z. B. ihre Reisekosten, Anwaltshonorar) selbst trägt und zusätzlich die Hälfte der Gerichtskosten. Die außergerichtlichen Kosten der Parteien fallen manchmal in unterschiedlicher Höhe an, z. B., wenn eine Partei besonders hohe Reisekosten zu den Terminen hatte oder wenn für eine Partei ein Verkehrsanwalt tätig war. Folglich ist das Ergebnis ein anderes, wenn die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, als bei einer Halbierung der Prozesskosten zwischen den Parteien herauskäme! In Scheidungssachen und ihren Folgesachen ist es die Regel, die Kosten gegeneinander aufzuheben (§ 150 Abs. 1 FamFG).

"Sofortiges Anerkenntnis": Ist der Schuldner verklagt worden, obwohl er durchaus leistungsbereit war, so hat der Kläger die Prozesskosten zu tragen, wenn der Beklagte den Anspruch im Prozess sofort anerkennt (§ 93 ZPO).

 

Beispiel:

Ein Schuldner wird verklagt, obwohl er weder im Verzug ist noch die Forderung bestritten oder die Leistung verweigert hat. (Der Gläubiger hat versäumt, den Schuldner zu mahnen.)

Wer einen Termin oder eine Frist versäumt, hat die dadurch verursachten Kosten zu tragen (§ 95 ZPO). § 95 ZPO wurde bisher ebenso wie § 38 GKG i. V. m. Nr. 1901 KV GKG (Verzögerungsgebühr) in der Praxis nur selten angewendet.

Für Versäumnisurteile gibt es noch eine Sondervorschrift in § 344 ZPO, wonach für ein in gesetzlicher Weise ergangenes Versäumnisurteil die durch die Säumnis entstandenen Versäumniskosten der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen sind, wenn das Versäumnisurteil aufgehoben oder abgeändert und letztlich zugunsten des Säumigen entschieden wird. Aus den Prozesskosten, die die unterlegene Partei zu tragen hat, werden also die durch die Säumnis entstandenen zusätzlichen Kosten ausgesondert und der obsiegenden säumigen Partei auferlegt. Im Urteil findet sich dann etwa folgende Formel, wenn der Kläger den Prozess gewonnen hat: "Der Kläger trägt die Kosten seiner Säumnis, der Beklagte trägt die übrigen Kosten."

Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat (§ 97 Abs. 1 ZPO). Jedoch hat die obsiegende Partei die Kosten zu tragen, wenn sie etwas erst im Rechtsmittelverfahren vorbringt, was sie auch schon in einer früheren Instanz hätte vorbringen können (§ 97 Abs. 2 ZPO).
Wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des zur Kostentragung verurteilten Beklagten (Erstschuldner) erfolglos verläuft, muss der Kläger als Zweitschuldner die Gerichtskosten zahlen (§ 31 Abs. 2 GKG). Jedoch kann der Zweitschuldner danach bei dem Erstschuldner Rückgriff nehmen, da dieser zur Zahlung der Kosten verurteilt wurde. Diese Regelung stellt also nur einen Vorteil für die Staatskasse dar, die somit schneller die Gerichtskosten zu Lasten des Zweitschuldners, der eigentlich den Prozess gewonnen hat, eintreiben kann.
 

Merke:

Im Zivilprozess trägt grundsätzlich derjenige die Prozesskosten, der den Prozess verliert.

 

Rz. 43

Wenn ein Rechtsstreit beendet ist, muss das Gericht also darüber entscheiden,

welch...

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