Rz. 17

Die meisten Gebühren richten sich in ihrer Höhe nach dem zugrunde liegenden Gegenstandswert, Streitwert, Verfahrenswert oder Geschäftswert, weshalb man sie Wertgebühren nennt. Die unterschiedlichen Begriffe für den Wert meinen alle dasselbe, jedoch wird der Wert in den einzelnen Kostengesetzen unterschiedlich bezeichnet (siehe § 2 Abs. 1 RVG, § 3 Abs. 1 GKG, § 3 Abs. 1 FamGKG, § 3 Abs. 1 GNotKG).

 

Merke:

Die einzelnen Kostengesetze benutzen unterschiedliche Bezeichnungen für den Wert:

Das RVG nennt ihn Gegenstandswert.

Das GKG nennt ihn Streitwert.

Das FamGKG nennt ihn Verfahrenswert.

Für die Notare nennt das GNotKG ihn Geschäftswert.

Um die Höhe einer Wertgebühr feststellen zu können, muss

 

Rz. 18

(1) erst einmal der Wert der Angelegenheit ermittelt werden. Dies ist häufig kein Problem, da er z. B. durch den eingeklagten Geldbetrag vorgegeben ist. In anderen Fällen ist die Wertermittlung nicht ganz so einfach, sodass hierfür ein größeres Kapitel in diesem Buch vorgesehen ist.

Aus dem Wert der Angelegenheit ergibt sich jedoch nicht direkt die jeweilige Gebühr. Dazu sind noch zwei weitere Schritte notwendig:

 

Rz. 19

(2) Man muss die Rechtsvorschrift finden, die für den jeweiligen Gebührentatbestand eine Gebühr entstehen lässt. Normalerweise enthält die betreffende Rechtsvorschrift nun aber keine Gebühr in Euro, sondern einen Gebührensatz. Dieser Gebührensatz kann eine volle Gebühr (= 1,0) entstehen lassen, aber auch eine höhere oder niedrigere Gebühr (z. B. 1,3 oder 0,8). Es sind auch Gebührensätze von z. B. 0,65 oder 0,75 möglich. Durch diese Festlegung des Gebührensatzes versucht der Gesetzgeber vor allem, dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache gerecht zu werden, sodass für erfahrungsgemäß umfangreichere und schwierigere Tätigkeiten ein höherer Gebührensatz festgelegt ist und für einfachere Tätigkeiten ein niedrigerer.
 

Rz. 20

(3) Mit Hilfe des Wertes und des Gebührensatzes ergibt sich die konkrete Gebühr in Euro nun aus der dem jeweiligen Kostengesetz beigefügten Gebührentabelle. Aus dieser Tabelle liest man den Betrag der vollen Gebühr nach dem Wert ("Wert bis zu (…) Euro") ab. Hat man keine volle Gebühr zu berechnen, so muss man den aus der Tabelle abgelesenen Betrag noch mit dem Gebührensatz multiplizieren. Die errechnete Gebühr ist dann nach der üblichen kaufmännischen Rundungsregel auf volle Cent zu runden.
 

Beispiel:

Ein Rechtsanwalt erhält eine 0,3 Gebühr nach einem Wert von 1.000,00 EUR. Aus der dem RVG anliegenden Tabelle lesen wir in der Wertstufe bis 1.000,00 EUR eine volle Gebühr von 88,00 EUR ab. Wir rechnen 88,00 EUR x 0,3 = 26,40 EUR und haben damit die dem Rechtsanwalt konkret erwachsene Gebühr ermittelt. Die Berechnung ist so einfach, dass man auf umfangreiche Tabellenwerke, die für alle Gebührensätze die ausgerechneten Gebühren enthalten, gut verzichten kann. Alles was man neben dem Gesetz noch benötigt, ist ein Taschenrechner.

 

Rz. 21

Da Rechtsangelegenheiten bzw. gerichtliche Instanzen nach dem RVG in der Regel gebührenrechtlich in mehrere Tätigkeitsbereiche eingeteilt sind, können in einer Angelegenheit bzw. Instanz für den Rechtsanwalt mehrere verschiedene Gebühren nebeneinander entstehen, die durchaus auch nach unterschiedlichen Gebührensätzen berechnet werden können. So erhält ein Rechtsanwalt z. B. in einem Zivilprozess in erster Instanz regelmäßig insgesamt 2,5 Gebühren (eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG und eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG).

 

Rz. 22

Für die Gerichtskosten gilt dagegen nach dem GKG, dass meistens für ein Verfahren nur eine einzige Gebühr entsteht, so z. B. für den Zivilprozess in erster Instanz eine 3,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 KV GKG oder in der Berufungsinstanz eine 4,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1220 KV GKG.

 

Merke:

Die Höhe einer Wertgebühr wird in vier Schritten ermittelt:

(1) Wert der Angelegenheit feststellen (eigentlich der schwierigste Schritt!)
(2) Gebührensatz ermitteln
(3) Betrag der vollen Gebühr aus Tabelle ablesen
(4) Volle Gebühr mit dem jeweiligen Gebührensatz malnehmen
 

Hinweis:

Die Gebührentabelle des FamGKG entspricht der Gebührentabelle des GKG.

 

Rz. 23

In Strafsachen richten sich die Gerichtsgebühren nicht nach einem Wert, sondern nach der Höhe der rechtskräftig erkannten Strafe (siehe Kostenverzeichnis, Vorbemerkung 3.1, Abs. 1 GKG).

 

Anmerkung:

Allerdings richten sich nur die Gerichtsgebühren nach der Höhe der Strafe, nicht die Gebühren des Verteidigers nach dem RVG, die erstens keine Wertgebühren, sondern Rahmengebühren sind und zweitens sich im Wesentlichen danach richten, vor welchem Gericht und in welcher Instanz der Strafprozess stattfindet (Nrn. 4100 ff. VV RVG).

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