Rz. 13

Pauschgebühren entstehen für die Inanspruchnahme der Gerichte, Notare, Rechtsanwälte und Gerichtsvollzieher. Was Pauschgebühren sind, macht man sich am anschaulichsten im Vergleich zu einer Handwerkerrechnung klar: Die Höhe dieser Rechnung wird abhängig sein von der Mühe und dem Aufwand, die der Handwerker bei der Ausführung seiner Arbeiten hatte, was insbesondere bedeutet, dass er jede einzelne Arbeitsstunde aufschreibt und berechnet, die z. B. zur Reparatur eines Autos notwendig war. Würde man dagegen die Pauschgebühren der Justiz auf dieses Werkstattbeispiel übertragen, so könnte dies zur Folge haben, dass der Preis für die Reparatur eines Autos sich pauschal nach dessen Wert bestimmen würde, ohne Rücksicht darauf, ob nur ein Tropfen Öl fehlt, oder ob der Motor ausgetauscht werden muss. Die Reparatur eines teuren Autos wäre damit immer kostspielig, die eines billigen Autos dagegen preiswert.

Das System der Pauschgebühren in der Justiz bezweckt genau dies. Für den Recht suchenden Bürger soll ein Prozess über einen Gegenstand mit niedrigem Wert auch dann finanziell tragbar sein, wenn er einen hohen Aufwand erfordert, wogegen ein Prozess wegen eines hohen Streitwertes immer auch im Voraus kalkulierbare höhere Kosten verursacht. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Durchsetzung des Rechts nicht an unverhältnismäßig hohen Kosten scheitern sollte.

 

Rz. 14

Pauschgebühren werden für bestimmte Verfahrensabschnitte oder für bestimmte Handlungen erhoben, jedoch grundsätzlich nur einmal für den gesamten Verfahrensabschnitt oder die gesamte Handlung vom Anfang bis zum Ende. Unerheblich ist, welcher Arbeitsaufwand und welche Mühe im Einzelnen damit verbunden sind. So wird z. B. nicht jede einzelne Tätigkeit eines Rechtsanwalts (jedes einzelne Schreiben, jede einzelne Besprechung mit dem Mandanten, jedes einzelne Auftreten vor Gericht) vergütet, sondern er erhält nur Gebühren für das Verfahren insgesamt. Die Gerichtsgebühr in den meisten Zivilprozessen in erster Instanz besteht regelmäßig aus einer einzigen Verfahrensgebühr in dreifacher Höhe – ohne Rücksicht auf die Anzahl der Verhandlungstermine.

 

Rz. 15

Eine Ausnahme davon bilden die insbesondere im RVG vorkommenden Rahmengebühren, bei denen es zulässig ist, im Einzelfall unter anderem auch den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in der Höhe der zu berechnenden Gebühr zu berücksichtigen (siehe unten unter Rdn 31 f.: Rahmengebühren).

Hinweise auf den Pauschcharakter der Gebühren finden sich in den Kostengesetzen in den §§ 15, 16 und insbesondere § 19 RVG, in § 35 GKG und in § 93 Abs. 1 GNotKG.

 

Rz. 16

Was an den Pauschgebühren der vom Gesetzgeber gewünschte Vorteil für den Bürger ist, dass er bei niedrigen Gegenstandswerten relativ niedrige Gebühren zahlen muss, ist ein gewisser Nachteil für Gerichte, Notare und Rechtsanwälte. So sind Prozesse wegen niedriger Streitwerte normalerweise genauso arbeitsintensiv wie Prozesse, in denen es um hohe Streitwerte geht. Ein Rechtsanwalt wird folglich bei einem Prozess wegen eines niedrigen Streitwertes kaum eine Entlohnung erhalten, die seinem Arbeitsaufwand gerecht wird. Dafür erhält er bei einem anderen Prozess wegen eines hohen Wertes eine höhere Entlohnung als seinem Arbeitseinsatz entsprechen würde. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass in der Praxis eine solche Mischung von hohen und niedrigen Gegenstandswerten vorkommt, die die hohen und die niedrigen Gebühren einander ausgleichen lässt, sodass insgesamt für die berufliche Tätigkeit der Rechtsanwälte und Notare ausreichende Gebühren anfallen. Dies gilt übrigens nicht für die Gerichte, die ihre Kosten durch die Gebühreneinnahmen nur zu einem Teil decken; den Rest trägt dort der Steuerzahler.

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