Rz. 17

Die objektive Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt wird in Art. 22 EuErbVO durch die Möglichkeit einer Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts des Erblassers ergänzt. Wer sich eine anspruchsvolle Rechtsberatung leistet, kann auf diese Weise die vorgenannten Gefahren eines unerwünschten Wechsels des Erbstatuts vermeiden und sich ggf. erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten erschließen. Aus pflichtteilsrechtlicher Sicht fehlt freilich für das Privileg des Erblassers, durch einseitige Verfügung darüber entscheiden zu können, in welcher Art und Höhe seinen engsten Angehörigen "zwingende Rechte" am Nachlass zukommen, die rechtsdogmatische Legitimation.[23] Missbrauch hat man hier allerdings vorgebeugt, indem man die Rechtswahlmöglichkeiten auf das Recht des Staates, dem der Erblasser angehört, begrenzt hat. Vorbehaltlich einer mehrfachen Staatsangehörigkeit kann er daher lediglich zugunsten eines einzigen Rechts optieren.

[23] Die Befürworter argumentieren regelmäßig damit, dass der Erblasser durch die Rechtswahl die Geltung des Heimatrechts wiederherstelle. Freilich ist dem entgegenzusetzen, dass schon die Möglichkeit, zwischen mehreren Rechten wählen zu können – selbst wenn zu allen eine besondere Verbindung besteht –, dann eine einseitige Begünstigung darstellt, wenn einer der Betroffenen (der Erblasser) die Rechtswahl einseitig und nach Belieben auch mit Wirkung gegenüber den anderen Betroffenen (den Pflichtteilsberechtigten) treffen kann. Praktisch wird so das Schutzniveau von dem Niveau eines einzigen bestimmten Rechts auf das jeweils niedrigste Niveau mehrerer bestimmter Rechtsordnungen abgesenkt. Angesichts der gewaltigen Unterschiede im Pflichtteilsrecht der EU-Mitgliedstaaten ist auch davon auszugehen, dass das Pflichtteilsrecht einer der entscheidenden Faktoren bei der Rechtswahl sein wird.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge