Rz. 226

Zentrale Vorschrift für die Regelung der elterlichen Sorge im Zusammenhang mit der Trennung und Scheidung der Eltern ist § 1671 BGB, wobei die Norm unabhängig davon anwendbar ist, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Wesentlicher Anknüpfungspunkt ist allein die vollzogene dauerhafte Trennung.[855] Diese beurteilt sich nach dem Maßstab des § 1567 Abs. 1 BGB. Bei seiner Entscheidung kann sich daher das Gericht auch nicht auf eine Regelung allein für die Dauer des Getrenntlebens beschränken. Eine solche Entscheidung wäre zudem ein Rückgriff auf die als verfassungswidrig festgestellte Gesetzeslage nach § 1672 BGB a.F., wie sie vor dem Inkrafttreten des KindRG bestand.[856]

 

Rz. 227

Nach dem Wortlaut von § 1671 Abs. 1 bzw. 2 BGB kann auf Antrag die Übertragung der Sorge in ihrer Gesamtheit oder auf einen Teilbereich bezogen erfolgen,[857] etwa allein hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Vermögenssorge. Soweit für die Anwendbarkeit des § 1666 BGB keine Anhaltspunkte bestehen – sonst ist diese Vorschrift wegen § 1671 Abs. 4 BGB anzuwenden[858] – ist das Familiengericht an die Anträge der Eltern gebunden. Ebenso wenig bedarf es einer gerichtlichen Regelung zu Teilbereichen der elterlichen Sorge, wenn die Eltern hierzu eine einvernehmliche Regelung gefunden haben,[859] außer, ein Elternteil stellt diesbezüglich einen Antrag nach § 1671 Abs. 1 bzw. 2 BGB und der andere Elternteil stimmt diesem zu (§ 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB sowie § 1671 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB).

[855] Schwab, FamRZ 1998, 457.
[857] Schwab, FamRZ 1998, 457; Menne, ZKJ 2006, 102.
[858] Dazu OLG Brandenburg FamRZ 2014, 1649; OLG Nürnberg FamRZ 2013, 1993.
[859] OLG Stuttgart FamRZ 1999, 39.

1. Antragsbefugnis

 

Rz. 228

Zur Antragstellung nach § 1671 BGB sind ausschließlich die Eltern als (ggf. potentiell) Sorgeberechtigte befugt, d.h. auch die Adoptiveltern (§§ 1741 ff. BGB). Für das Kind selbst oder das Jugendamt ist keine Antragsbefugnis vorgesehen.[860] Der Gesetzgeber überträgt damit allein den Eltern die Kompetenz zur Entscheidung, ob sie die elterliche Sorge gemeinsam fortführen möchten. Handelt es sich um einen isolierten Antrag, so unterliegt dieser nicht dem Anwaltszwang (§ 114 Abs. 1 i.V.m. §§ 111, 151 FamFG) und kann vom Antragsteller selbst bei Gericht eingereicht oder dort zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Im Scheidungsverbund besteht demgegenüber gemäß § 114 Abs. 1 FamFG Anwaltszwang (siehe zum Ganzen auch Rdn 450 ff.).

[860] Willutzki, Rpfleger 1997, 336.

2. Sorgerecht

 

Rz. 229

Grundvoraussetzung für eine Antragstellung nach § 1671 BGB war nach früherer Gesetzeslage das Bestehen der gemeinsamen elterlichen Sorge zum Zeitpunkt der Trennung der Eltern.[861] Durch das zum 19.5.2013 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern[862] hat § 1671 BGB eine grundlegende Reform erfahren. Bei nicht miteinander verheirateten Eltern wird nunmehr danach differenziert, ob bereits eine gemeinsame elterliche Sorge bestand (dann gilt – wie bei verheirateten Eltern – § 1671 Abs. 1 BGB) oder erstmals seitens des Vaters die alleinige elterliche Sorge geltend gemacht wird, wenn auf Seiten der Mutter eine originäre Sorge gem. § 1626a Abs. 3 BGB besteht (diesen Fall erfasst § 1671 Abs. 2 BGB).

[861] OLG Hamm FamRZ 1998, 1315.
[862] BGBl 2013 I, 795.

3. Dauerhafte Trennung

 

Rz. 230

Voraussetzung für die Antragstellung nach § 1671 BGB ist stets die nicht nur vorübergehende Trennung der Eltern.[863] Es gilt hierbei der Maßstab des § 1567 BGB, der bei nicht miteinander verheirateten Eltern analog anzuwenden ist. Beruhen die äußerlichen Gemeinsamkeiten der Eltern allein auf der Wahrnehmung von Umgangskontakten des nicht betreuenden Elternteils, so steht dies einer Trennung nicht entgegen.[864] Die Trennung muss allerdings nach außen dokumentiert sein.[865] Gelegentliche Gespräche oder ein gemeinsames Beisammensein mit den Kindern sind dabei unschädlich. Geht der Trennungswunsch nur von einem Ehegatten aus, so muss er dem anderen Elternteil grundsätzlich mitgeteilt worden sein.

Wird die Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung vollzogen, so kommt einem gemeinsamen sonntäglichen Mittagessen keine gegenteilige Bedeutung zu, wenn dies ausschließlich im Interesse der Kinder erfolgt, um diese etwa mit den Folgen der Trennung, z.B. dem bevorstehenden Auszug eines Elternteils, vertraut zu machen.[866]

 

Rz. 231

§ 1671 BGB findet erst dann Anwendung, wenn die Eltern bereits getrennt leben. Beabsichtigt demgegenüber ein Elternteil die Trennung herbeizuführen und gemeinsam mit dem Kind die eheliche Wohnung zu verlassen, so bedarf es bei entgegenstehenden Vorstellungen der Eltern zum künftigen Aufenthaltsort des Kindes vorab einer Entscheidung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht.[867] Zieht der Elternteil gegen den Willen des anderen Elternteils mit dem Kind aus, ohne diese Entscheidung zu beantragen oder abzuwarten, so handelt er rechtswidrig. Wegen dieser Prob­­lematik der eigenmächtigen Wohnsitzverlagerung des Kindes durc...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge