I. Allgemeines

 

Rz. 148

Neben der Personensorge umfasst die elterliche Sorge auch das Recht und die Pflicht, für das Vermögen des Kindes Sorge zu tragen,[531] insbesondere durch Verwaltung der Vermögensgegenstände des Kindes und der hieraus fließenden Erträge. Ebenso wie im Rahmen der Personensorge ist auch bei der Vermögenssorge zwischen der tatsächlichen Fürsorge und der gesetzlichen Vertretungsmacht zu unterscheiden. Auch hier sind beide Bereiche nicht immer einfach voneinander abzugrenzen. Während der gesetzlichen Vertretung etwa die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zugeordnet werden kann,[532] erfasst die tatsächliche Vermögenssorge die zum Zweck der Übereignung notwendige Inbesitznahme einer Sache oder die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses nach § 930 BGB.[533]

 

Rz. 149

Dem Vermögen des Kindes sind nicht nur Wertgegenstände und Immobilien als solche zuzuordnen, sondern auch die hieraus fließenden Erträge sowie – trotz §§ 112, 113 Abs. 1 BGB – die Einnahmen des Kindes aus einer Erwerbstätigkeit oder einem selbstständigen Gewerbebetrieb. Lediglich die dem Kind nach § 110 BGB zugewendeten Beträge sind verwaltungsfrei. Woher das Vermögen stammt, ist unerheblich.[534]

 

Rz. 150

Die Vermögenssorge umfasst alle rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, um das Vermögen des Kindes zu erhalten, zu verwerten und zu vermehren.[535] Hierzu kann etwa die Unterhaltung einer Haftpflichtversicherung zugunsten des Kindes gehören,[536] in jedem Fall allerdings das Bemühen, Schulden des Kindes zu vermeiden.[537] Auch die Ausschlagung einer dem Kind angefallenen Erbschaft unterfällt der Vermögenssorge.[538] Unerheblich ist bei der Vermögenssorge, ob die Eltern im eigenen Namen oder dem des Kindes handeln. Es obliegt den Eltern, das Vermögen des Kindes in dessen Interesse zu verwalten,[539] wobei es nicht nur um die Vermögenserhaltung im Sinn der Surrogation nach § 1646 BGB geht, sondern auch um die Mehrung nach § 1626 Abs. 1 S. 2 BGB. Bezüglich der Vermögenserträge ist als Besonderheit zu beachten, dass sie im Rahmen der familiären Solidarität gemäß § 1618a BGB für Unterhaltszwecke innerhalb der Familie verwendet werden dürfen (§ 1649 Abs. 2 BGB). Hier gilt die unterhaltsrechtliche Vorgabe des § 1602 Abs. 2 BGB, demzufolge das minderjährige Kind zur Deckung seines Bedarfs auch die Erträge aus seinem Vermögensstamm einzusetzen hat.

 

Rz. 151

Wie die Personensorge muss sich auch die Vermögenssorge am Kindeswohl ausrichten, wobei das Gesetz hierzu genaue Vorgaben enthält (§§ 1639 ff. BGB). Die Kapitalanlage des kindlichen Vermögens hat sich an den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung zu orientieren. Rentabilität, Sicherheit und Liquidität gelten als Anlageziele. Dabei sind allerdings auch bestimmte Kapitalbeträge zur Finanzierung notwendiger Ausgaben bereitzuhalten (§ 1641 BGB). Unzulässig sind Spekulationsgeschäfte. Eine Orientierung kann im Wesentlichen daran erfolgen, was ein wirtschaftlich denkender Privater als günstige und sichere Anlage wählen würde. In der Rechtsprechung wird allerdings auch die Auffassung vertreten, dass die Eltern sich mit der Verzinsung von Sparguthaben bei gesetzlicher Kündigungsfrist nicht begnügen dürfen.[540] Diese Erwägungen dürften allerdings spätestens seit der Finanzkrise ab 2008 zu überdenken sein; diese hat gezeigt, dass auch vermeintlich sichere Anlagen nicht kalkulierbare Risiken bergen können. Demgegenüber haben sich die Einlagen etwa bei öffentlichen Banken und Sparkassen, wenn auch zu niedriger Verzinsung, als sicher erwiesen.

 

Rz. 152

Ordnungsgemäße Vermögensverwaltung heißt für die Eltern, kein Kindesvermögen für persönliche Zwecke zu verwenden. Denn es handelt sich um eine fremdnützige Verwaltung, die auf die Bewahrung des Vermögens zum Nutzen des Kindes gerichtet ist.[541] Werden dem Kind durch letztwillige Verfügung oder Schenkung Vermögenswerte zugewendet, so sind die bestehenden Bindungen an getroffene Anordnungen zu beachten (§ 1639 BGB). Soweit nachteilige, riskante oder besonders wichtige Rechtsgeschäfte in Rede stehen (§ 1643 BGB),[542] bedürfen diese einer gerichtlichen Genehmigung, ebenso wie die Überlassung von Vermögen (§ 1644 BGB). Steht die Aufnahme eines neuen Erwerbsgeschäfts im Namen des Kindes in Rede, so bedarf es ebenfalls einer gerichtlichen Erlaubnis hierfür (§ 1645 BGB).

 

Rz. 153

Wenn die Voraussetzungen des § 1640 BGB vorliegen, ist über das Kindesvermögen ein Verzeichnis zu erstellen und mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit bei Gericht einzureichen. Diese Verpflichtung entsteht mit dem Vermögenserwerb, ohne dass es hierzu einer gesonderten gerichtlichen Aufforderung bedarf.

[531] Überblick bei Jordans, MDR 2014, 379 und 1056.
[532] Motzer, FamRZ 1996, 844.
[533] BGH FamRZ 1989, 945.
[534] OLG Hamm FamRZ 1997, 51.
[536] Peters, FamRZ 1997, 595.
[537] PWW/Ziegler, § 1626 BGB Rn 10.
[538] BGH, Beschl. v. 29.6.2016 – XII ZB 300/15, juris.
[539] LG Kassel FamRZ 2003,...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge