Rz. 98

Erfährt der zukünftige Nachlasspfleger vom Nachlassgericht, dass ihm eine Nachlasspflegschaft übertragen werden soll und er das Amt auch annehmen möchte, sollte schnellstmöglich ein Termin mit dem zuständigen Rechtspfleger zur Verpflichtung vereinbart werden.

 

Rz. 99

Für diesen Verpflichtungstermin sollte etwas Zeit mitgebracht werden. In der Regel wird der Fallhintergrund mit dem Rechtspfleger ausführlichst besprochen. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob das Nachlassgericht bestimmte Intentionen bei der Bearbeitung/Vorgehensweise verfolgt. Soweit diese nicht bereits aus einer vorherigen Zusammenarbeit mit dem Gericht bekannt sind, sollte sich der Nachlasspfleger nach den Fristen erkundigen, wann das Nachlassgericht einen ersten Bericht mit dem Nachlassverzeichnis erwartet und wann eine erste Verwaltungsabrechnung abgegeben werden sollte. Für den Erstbericht mit dem Nachlassverzeichnis hat sich ein Zeitraum von zwei bis vier Monaten nach Verpflichtung des Nachlasspflegers herausgebildet.

Ob dem Nachlassverzeichnis Belege beigefügt werden sollen, ist mit dem Nachlassgericht abzustimmen.

 

Rz. 100

Der Nachlasspfleger wird von dem zuständigen Rechtspfleger des Nachlassgerichts durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung der Pflegschaft bestellt (§§ 1960, 1915, 1789 BGB). Dies gilt auch nach Inkrafttreten des FamFG. Die Bestellung des Nachlasspflegers bedarf neben der Beauftragung seiner Verpflichtung durch das Nachlassgericht.[82]

 

Rz. 101

Nach der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 25.11.2010[83] stellt die Nachlasspflegschaft gemäß § 1960 BGB einen Spezialfall der Pflegschaft für unbekannte Beteiligte nach § 1913 BGB dar. Damit findet auch § 1789 BGB Anwendung. Nach dieser Vorschrift wird der Vormund von dem Familiengericht durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft bestellt. In Nachlasssachen tritt anstelle des Familiengerichts das für Nachlasspflegschaften sachlich zuständige Nachlassgericht (§ 1962 BGB).

Das OLG Stuttgart führt aus:

Zitat

"Zwar ist die Nachlasspflegschaft nach § 340 Nr. FamFG eine betreuungsrechtliche Zuweisungssache (BT-Dr 16/6308 zu § 362). Dies führt dazu, dass neben den allgemeinen Vorschriften der §§ 1110 FamFG auch die Vorschriften des Dritten Buches anwendbar sind. Der Umstand, dass dort für die Bestellung des Betreuers keine dem § 1789 BGB entsprechende Regelung getroffen worden ist, hat nicht zur Folge, dass die im BGB enthaltene Spezialregelung für Vormünder und (Nachlass-) Pfleger keine Anwendung mehr findet."

 

Rz. 102

Über die Bestellung wird eine Niederschrift angefertigt. Für den Nachlasspfleger ist es wichtig zu wissen, dass dieser mit Unterzeichnung des "Verpflichtungsprotokolls" als bestellt gilt. Ab Unterschrift hat der Nachlasspfleger die Verantwortung über den Nachlass. Fehlt die wirksame Bestellung, besteht weder eine Vertretungsbefugnis noch ein Vergütungsanspruch.[84]

 

Rz. 103

Aus diesem Grunde sollte der Nachlasspfleger neben der Zeit für das Gespräch mit dem Nachlassgericht noch mehr Zeit für anschließende Sicherungshandlungen einplanen. So sollte der Nachlasspfleger unverzüglich nach seiner Verpflichtung ein eventuell vorhandenes Haus des Erblassers oder eine eventuell vorhandene Mietwohnung des Erblassers aufsuchen, um seiner ersten Verpflichtung, "den Nachlass zu sichern", gerecht zu werden.

 

Rz. 104

Mit der Verpflichtung durch das Nachlassgericht wird dem Nachlasspfleger die Bestallungsurkunde ausgehändigt. Die Bestallungsurkunde dient dem Nachlasspfleger als Ausweis. Aus dieser ergibt sich, dass eine Bestellung zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben erfolgt ist. Darüber hinaus ergibt sich aus der Bestallungsurkunde der Wirkungskreis. Die Urkunde wird vom Gericht gesiegelt. Bei Beendigung des Amtes ist die Bestallungsurkunde an das Nachlassgericht zurückzugeben.

Die Bestallungsurkunde sollte bei Aushändigung von dem Nachlasspfleger sofort inhaltlich überprüft werden.

 

Rz. 105

Auch der Anordnungsbeschluss sollte sorgfältig geprüft werden. Auch Geschäftsstellen machen manchmal Fehler. Schreibfehler und falsche/fehlende Daten können bei der späteren Bearbeitung und Benutzung der Unterlagen zu ärgerlichen Verzögerungen oder Schwierigkeiten führen.

 

Rz. 106

Der Nachlasspfleger sollte auch darauf achten, dass, sofern gegeben, die Berufsmäßigkeit der Pflegschaft festgestellt worden ist.

 

Rz. 107

Sollte das Nachlassgericht die Feststellung der Berufsmäßigkeit versehentlich vergessen, ist diese nachholbar, da es keiner förmlichen Feststellung bedarf.[85] Die nachträgliche Feststellung der Berufsmäßigkeit mit Wirkung für die Zukunft ist grundsätzlich zulässig.[86]

Entgegen der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung hat der BGH entschieden, dass eine nachträgliche Feststellung der Berufsmäßigkeit mit Rückwirkung (auf den Zeitpunkt der Bestellung) unzulässig sei.[87]

Fehlt die Feststellung der Berufsmäßigkeit, führt der Nachlasspfleger sein Amt ehrenamtlich aus. Bis auf die Ausnahme nach § 1836 Abs. 2 BGB, erhält er für seine Tät...

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