Rz. 11

Zunächst muss geklärt werden, ob ein Strafbefehl oder ein Bußgeldbescheid gegen den Mandanten vorliegt und wann dieser zugestellt wurde, um etwaige Fristen zu berechnen. Hierbei ist der Mandant darauf hinzuweisen, dass das Datum der Zustellung ausschließlich aus dem Zustellvermerk der Post (oben rechts auf dem üblicherweise gelben Umschlag) zu ersehen ist, wo er handschriftlich durch den Briefträger eingetragen wurde. Von diesem Datum muss die entsprechende Frist berechnet werden und sofort im Fristenkalender notiert werden.

 

Hinweis

Fristentabelle:

Beim Bußgeldbescheid läuft eine Frist von zwei Wochen.
Beim Strafbefehl läuft ebenfalls eine Frist von zwei Wochen.
Bei einem Urteil ist zu unterscheiden zwischen der Verkündung des Urteils in der Hauptverhandlung (hier nur eine Woche im Gegensatz zum Bußgeldbescheid und Strafbefehl) und der Verkündung eines Urteils in Abwesenheit und der darauffolgenden Zustellung.
 

Rz. 12

Das Mandat als zweiseitiger Vertrag muss einerseits vom Mandanten übertragen und andererseits vom Rechtsanwalt angenommen werden. Diese Selbstverständlichkeit wird betont, weil sich der Rechtsanwalt darüber klar sein muss, welchen Auftrag genau er erhalten hat und ob ggf. Vertretungsverbote vorliegen. Eine Mehrfachverteidigung ist ausgeschlossen!

 

Praxistipp

Insgesamt empfiehlt sich eine schriftliche Information des Mandanten.[6] Dies verstärkt insgesamt das Gefühl, gut betreut zu sein.

 

Rz. 13

Besonders wichtig bei der Mandatsannahme ist die Beachtung der berufsrechtlichen Vorschriften. Der Parteiverrat/die Vertretung der widerstreitenden Interessen sind daher mit zu bedenken. Dies kann z.B. mit einer Tätigkeit gegeben sein, die vorher bereits für einen anderen Beteiligten in entgegengesetztem Sinn ausgeübt wurde.

Diese berufsrechtlichen Pflichten sind der Rechtsanwaltschaft aus dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)[7] und der Berufsordnung (BORA)[8] vorgegeben. Die Interessenkollision nach § 3 BORA und der Parteiverrat, der nach § 258 StGB unter Strafe gestellt ist, dürfte damit die Pflicht mit der weitreichendsten Konsequenz für den Rechtsanwalt sein. Verletzt der Rechtsanwalt diese Pflicht, kann er nicht mehr der uneingeschränkte Vertreter seines Mandanten sein.

Zwar wird in der Praxis davon – gefahrgeneigt – oft abgesehen, was jedoch zu Problemen führt, weil

der Gegner dies ggf. rügen könnte mit der Folge, dass das Mandat niedergelegt und nicht liquidiert werden kann (Verletzung der Aufklärungspflicht!),
etwaige Regressansprüche ausgeglichen werden müssen,
ein Strafverfahren gegen den Rechtsanwalt eingeleitet werden könnte oder
ein Berufsaufsichtsverfahren vor der zuständigen Rechtsanwaltskammer droht.[9]

Das Vertretungsverbot kann nicht abbedungen werden.

 

Praxistipp

Kollisionsprüfung

Es muss immer geprüft werden, ob der Fahrzeugführer – Mandant – identisch mit den anderen Beteiligten ist. Sicherheitshalber sollte bei einer Vertretung des Fahrzeugführers im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren keine zivilrechtliche Vertretung, schon gar nicht weiterer Unfallbeteiligter erfolgen. Eine Mehrfachverteidigung in Verkehrsstrafsachen ist zwar abstrakt möglich, dürfte aber in der Praxis eher seltener auftreten.

Bei einer Kollision muss das Mandat niedergelegt werden; eine Abrechnung verbietet sich.

Ebenso sollte geprüft werden, ob der Mandant zuvor einen anderen Rechtsanwalt beauftragt hatte, weil hier Berufspflichten – z.B. die Information des Kollegen – nach § 15 BORA zu beachten sind.

[6] Für Verkehrszivilsachen Reisert, Anwaltsgebühren im Straf- und Bußgeldrecht, § 1 Rn 42 ff.; Reisert, Basiswissen Verkehrsrecht – warum es niemals aufhört, sich zu verändern, AnwBl 2013, 178 ff.
[7] Rechtsdienstleistungsgesetz v. 12.12.2007 (BGBl I S. 2840), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1.10.2013 (BGBl I S. 3714) geändert worden ist.
[8] Berufsordnung i.d.F. v. 1.11.2013, zuletzt geändert durch Beschluss der Satzungsversammlung vom 15.4.2013, BRAK-Mitt. 2013, 173 f.; online abrufbar unter: http://www.brak.de/w/files/02_fuer_anwaelte/berufsrecht/bora_stand_01_11_13.pdf.
[9] Ausführlich dazu: Reisert, Anwaltsgebühren im Straf- und Bußgeldrecht, § 1 Rn 46; Reisert, Basiswissen Verkehrsrecht – warum es niemals aufhört, sich zu verändern, AnwBl 2013, 178 ff.

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