1. Effiziente und konkrete Beratung
Rz. 20
Aus der vorstehend dargestellten Checkliste (siehe Rdn 15) ist ersichtlich, wie unterschiedlich die Problemstellung des Betroffenen zum Erhalten, Behalten oder Wiedererhalten der Fahrerlaubnis sein kann.
2. Ziel: Erhaltung und/oder (Wieder-)Erteilung der Fahrerlaubnis
Rz. 21
Bei zu erwartenden Problemen bei der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ist es – entgegen häufig zu beobachtender Praxis – wichtig, schon im Strafverfahren, wenn Probleme bei der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zu erwarten sind, diese dem Mandanten aufzuzeigen und ihm ebenso Vorschläge, durch welche konkreten Verhaltensweisen oder Maßnahmen die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis am sichersten erreicht werden kann, zu unterbreiten. Dies beginnt mit Informationen, erfasst Belehrungen zur geänderten richtigen Lebensweise und erstreckt sich bis hin zur Empfehlung und evtl. Begleitung zu Beratungen in entsprechenden Einrichtungen.
Hinweis
Ob dem Mandanten Adressen für Beratungen und Therapien zu empfehlen sind, ist abzuwägen: Einerseits wird er für den "Service" des Rechtsanwalts dankbar sein, dass er sich nicht eigenständig auf die Suche machen muss; andererseits besteht die Gefahr, dass der Rechtsanwalt für einen schwierigen Verlauf verantwortlich gemacht wird und ggf. die Zusammenarbeit erschwert werden könnte.
Es kann unter Umständen empfehlenswert sein, mit den Personen, die die Beratungen oder Therapien durchführen, die Problematik zu besprechen. Der Rechtsanwalt als Interessenvertreter des Betroffenen kann am besten gegenüber der Beratungsstelle, die in aller Regel nicht mit der rechtlichen Problematik vertraut ist, die konkrete Problemstellung darlegen. Hinzu kommt, dass es dem Mandanten erspart bleibt, erneut den Sachverhalt und seine Probleme darzulegen, wenn der Rechtsanwalt die Beratungsstelle entsprechend informiert. Günstig ist dann allerdings, mit der Beratungsstelle eine wechselseitige Rückkopplung über den Erfolg der empfohlenen Beratung abzustimmen.
Rz. 22
Auch erscheint es sinnvoll, die erörterten Probleme und Lösungsmöglichkeiten dem Mandanten schriftlich darzulegen. In diesem Zusammenhang ist ebenso daran zu denken, die Frage der Vergütung mit dem Mandanten anzusprechen – insbesondere kommt die Vergütungsvereinbarung bei erhöhtem Arbeitsaufwand und entsprechender Betreuung in Betracht.
3. Chancen zur Vermeidung eines Fahrverbots
Rz. 23
Ist Gegenstand des Verfahrens eine Ordnungswidrigkeit, so wird gewöhnlich das Ziel im Vordergrund stehen, die Anordnung eines Regelfahrverbots gemäß der Bußgeld-Katalog-Verordnung (BKatV) zu vermeiden.[11]
Hinweis
Auch mit der Gesetzesänderung,[12] das Fahrverbot als allgemeine Maßregel – also gänzlich unabhängig vom verkehrsrechtlichen Bezug – zu verhängen, wird der Strafverteidiger konfrontiert sein: "“Die Öffnung des Fahrverbots für alle Straftaten erweitert die Möglichkeiten strafrechtlicher Sanktionen‘, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas. “Dadurch geben wir den Strafgerichten ein zusätzliches Mittel an die Hand, um zielgenau, spürbar und schuldangemessen auf den Täter einzuwirken.‘"[13]
Für den Rechtsanwalt bedeutet dies: Bei Nichtvorliegen einer Fahrerlaubnis ist der Erwerb einer solchen dann durch den Rechtsanwalt zu empfehlen, wenn eine Freiheitsstrafe in einer Höhe verhängt werden könnte, die eine Aussetzungsentscheidung der Vollstreckung nicht zwingend vorsieht. Bei Vorliegen einer Fahrerlaubnis ist darauf hinzuweisen, dass diese ggf. der Maßregel unterfallen könnte – und dies gerade bei einer Arbeitsplatzgefährdung besonders gefährlich ist.
4. Verkehrsrecht und Datenschutz
Rz. 24
Festzustellen ist, dass die Entwicklung zu einer immer stärkeren Überwachung des Verkehrs geht, verbunden mit der Erhebung, Speicherung und Verarbeitung von Daten. Der Bürger ist nicht nur bei neuen Überwachungs- und Ermittlungsmethoden generell, sondern auch in seiner Eigenschaft als potenzieller Kraftfahrer in seinem Freiheitsrecht betroffen. Dieser Aspekt ist auch bei der Behandlung der Materie Straßenverkehrsrecht zu beachten. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang etwa die Erfassung von Mautdaten, automatisierte Kennzeichenerfassung, Section control und Unfalldatenschreiber. Man kann mehr und mehr vom "gläsernen Kraftfahrer" sprechen.[14] Zu dieser Entwicklung werden bisher leider noch nicht die Möglichkeit der Begrenzung der Datenmacht und die Möglichkeit datenrechtlichen Rechtsschutzes diskutiert. Die Bedeutung der Datenschutz-Grundverordnung ist für das Verkehrsrecht noch nicht vollständig erfasst.[15]
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