Rz. 137

Im Folgenden sollen anhand einiger Formulierungsbeispiele aus der Praxis Hinweise und Hilfestellungen gegeben werden, um ausgehend von den theoretischen Grundlagen auch eine praktische Hilfestellung für die anwaltliche Tätigkeit zu geben. Dabei handelt es sich natürlich nicht um eine vollständige Aufzählung aller Möglichkeiten. Die nachstehenden Formulierungsbeispiele folgen dem üblichen Aufbau eines Interessenausgleichs.

1. Präambel

 

Rz. 138

Gerade bei größeren Betriebsänderungen empfiehlt es sich, in einer Präambel nochmals die Ausgangssituation zu beschreiben. Hierbei können auch besondere Gedanken, die die Betriebsparteien geleitet haben, herangezogen werden. Gerade bei einem prozessorientierten Interessenausgleich[167] und Maßnahmen, die sich ggf. über mehrere Monate hinziehen, ist es sinnvoll, wichtige Gedanken aus der Verhandlung nochmals zu fixieren.

 

Rz. 139

 

Formulierungsbeispiel

Das Unternehmen ist einem kontinuierlich hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. In der aktuellen Struktur ist eine Aufrechterhaltung der Produktion in der bisherigen Form nicht mehr möglich. Deshalb ist es notwendig, umfassende betriebsorganisatorische Änderungen vorzunehmen, um in Zukunft weiterhin wettbewerbsfähig zu sein und damit langfristig Arbeitsplätze zu sichern. Dies ist nur aufgrund der in diesem Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen möglich. In den Verhandlungen sind sich die Betriebsparteien darüber einig geworden, dass neben dem Ziel, Effizienzsteigerungen zu erreichen, auch die Belastungssituation der Beschäftigten betrachtet werden muss. Der folgende Interessenausgleich enthält somit Regelungen für den Abbau von Arbeitsplätzen aber auch ausführliche Regelungen hinsichtlich der Gestaltung der verbleibenden Arbeitsplätze um auch weiterhin als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Leider sind aufgrund der unternehmerischen Maßnahme Entlassungen unvermeidlich. Der Betriebsrat nimmt dies zur Kenntnis. Er sieht weder rechtliche noch tatsächliche Möglichkeiten, die unternehmerische Entscheidung weiter zu beeinflussen.

[167] Vgl. hierzu Rdn 130.

2. Geltungsbereich

 

Rz. 140

Der Geltungsbereich sollte möglichst konkret beschreiben, für welchen Betrieb der ­Interessenausgleich abgeschlossen wird.

 

Formulierungsbeispiel

Dieser Interessenausgleich gilt sachlich für die nachstehend unter Ziffer […] beschriebenen Maßnahmen, räumlich für den Betrieb der XY-GmbH in Y-Stadt sowie persönlich für alle diesem Betrieb zugeordneten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der XY-GmbH i.S.v. § 5 Abs. 1 BetrVG. Er gilt nicht für die leitenden Angestellten i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG.

3. Gegenstand der Betriebsänderung

 

Rz. 141

Gerade aus Betriebsratssicht muss der Interessenausgleich möglichst detailliert das "Ob" und "Wie" der Betriebsänderung beschreiben.

 

Formulierungsbeispiele

Betriebsstilllegung:

Die operativen Tätigkeiten des Betriebes der XY-GmbH in Y-Stadt werden aufgrund der unternehmerischen Entscheidung vom […] zum […] vollständig eingestellt und der Betrieb damit stillgelegt. In der Folge entfallen sämtliche diesem Betriebs zugeordneten Arbeitsplätze zum […].

Verlagerung:

Aufgrund der konzernweiten Entscheidung, Buchhaltungstätigkeiten nunmehr am Standort in X-Stadt bei der Y-GmbH durchzuführen, entfallen spätestens zum […] sämtliche Arbeitsplätze im Bereich der Buchhaltung auch beim Arbeitgeber. Die genaue Abfolge der Verlagerung der Aufgaben ist in der Anlage 1, die diesem Interessenausgleich beigefügt ist, detailliert beschrieben. Aus dieser ergibt sich auch der Zeitplan der Verlagerung von Aktivitäten. In der Folge entfallen alle Arbeitsplätze.

4. Durchführung der Maßnahmen

 

Rz. 142

Im nächsten Schritt ist sodann zu beschreiben, welche personellen Maßnahmen auf Basis der vorstehend beschriebenen Maßnahme zutreffend sind, etwa wie folgt:

 

Formulierungsbeispiel

Nach endgültiger Schließung des Betriebes stehen am Standort X-Stadt keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten mehr zur Verfügung. Betriebsbedingte Kündigungen sind daher unvermeidbar. Es wird daher allen Arbeitnehmern unter Beachtung der ­Beteiligungsrechte des Betriebsrates aus § 102 BetrVG unter Einhaltung der jeweils geltenden Kündigungsfristen gekündigt. Die Betriebsparteien sind darüber einig, dass die Kündigungen so ausgesprochen werden, dass die Kündigungsfristen frühestens zum Stilllegungszeitpunkt enden. Sofern Arbeitnehmer nur mit einer Kündigungsfrist gekündigt werden können, die über den Schließungszeitpunkt hinausreicht, werden diese unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung von Resturlaubszeiten unwiderruflich freigestellt.

5. Auswahlrichtlinie

 

Rz. 143

Gerade in Fällen, in denen der Betrieb nicht stillgelegt wird, sondern aufgrund organisatorischer Entscheidungen nur ein Teil der Belegschaft abgebaut werden soll, stellen sich bei Kündigungen für den Arbeitgeber häufig Probleme bei der sozialen Auswahl. Mit einer Auswahlrichtlinie i.S.v. § 95 Abs. 1 BetrVG, die der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegt, kann auch im Interessenausgleich anhand von festgelegten fachlichen, persönlichen und sozialen Kriterien eine Objektivierung der Auswahlentscheidung des A...

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